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Sorge um Krisen-Bohnen

Börsenspekulationen mit Agrarrohstoffen, Ernteausfälle bei Kaffee in Kolumbien sowie ein Kakaoausfuhrstopp aus der Elfenbeinküste sorgen für explosionsartige Preisanstiege bei Kaffee und Kakao.

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Der Preis für den Schokoladegrundstoff Kakao steigt derzeit drastisch und erreicht fast das höchste Niveau seit 30 Jahren, weil auf dem Markt Lieferengpässe befürchtet werden. Hintergrund ist der Aufruf zu einem zunächst vierwöchigen Kakaoausfuhrstopp aus der Elfenbeinküste, aus der gut ein Drittel der weltweiten Kakaoproduktion stammt. Damit will der international als Sieger der Präsidentenwahl anerkannte Alassane Ouattara Amtsinhaber Laurent Gbagbo den Geldhahn zudrehen - und ihn so zur Aufgabe zwingen.

Spekulationen auf eine unbefristete Verlängerung des Ausfuhrstopps im wichtigsten Anbauland treiben den Kakaopreis weiter an. Ouattara drohte bereits damit, den Ausfuhrstopp unbefristet zu verlängern, wenn Gbagbo bis nächste Woche nicht zurücktritt. Der Kakaohandel bringt dem Staat Schätzungen zufolge jährlich rund eine Milliarde Dollar ein - eine wichtige Stütze für das Machtsystem des bisherigen Präsidenten.

Kaffeeröster setzen Preisschraube an

Auch die Kaffeepreise schnellen derzeit nach oben. Aktuell beeinträchtige schlechtes Wetter etliche Kaffee-Exportländer, heißt es. Der größte deutsche Kaffeeröster Tchibo/Eduscho will seine Preise Ende Februar um bis zu 50 Cent anheben, wie das Unternehmen Anfang der Woche in Hamburg mitteilte. Die Preiserhöhung treffe den österreichischen Markt nicht so umfassend wie Deutschland, so Tchibo Österreich gegenüber ORF.at.

Luftaufnahme zeigt die Flutauswirkungen in Kolumbien

APA/EPA/Mauricio DuenasAURICIO DUENAS

Schwere Regenfälle suchten im Dezember Kolumbien heim.

Einzelne Sorten wie „Eduscho Gala Nr. 1“ sowie „Feine Milde“ von Tchibo werden jedoch um 50 Cent pro Pfund - das entspricht in etwa einem halben Kilo - angehoben. Die Erntemenge sei durch plötzliche Regenfälle in Kolumbien extrem reduziert worden, erläuterte Tchibo Österreich den Preisanstieg gegenüber ORF.at. Die Aufforstung würde mindestens drei Jahre dauern, die Kosten könnten demnach nicht so bald wieder gesenkt werden. Im wichtigen Anbau- und Exportland Brasilien dürfte die kommende Arabica-Ernte nach einem sehr guten Erntejahr ebenfalls deutlich schwächer ausfallen.

Kaffee in China hip

Auch Dallmayr kündigte am Montag in München an, die Preise für Röstkaffee zu erhöhen. Beide Unternehmen begründeten den Schritt mit den weiter drastisch gestiegenen Rohkaffeepreisen. Die hochwertige Sorte Arabica ist demnach so teuer wie zuletzt vor 14 Jahren. Von Jänner 2010 bis Jänner 2011 sei der vom Hamburgischen Weltwirtschaftsinstitut (HWWI) gewichtete Kaffeepreis aus den Sorten Arabica und Robusta (in Euro) um 66 Prozent gestiegen, so der HWWI-Rohstoffexperte Leon Leschus: „Die Preissteigerung ist extrem.“

Die Aufwärtsentwicklung auf den Rohkaffeemärkten wird zudem von Börsenspekulationen getrieben. Aber auch die steigende Nachfrage nach den Bohnen aus aufstrebenden Wirtschaftsnationen verknappt das Angebot. „In China wird es hipper, Kaffee zu trinken“, sagte der HWWI-Experte. Und ebenso in Brasilien: Wirtschaftswachstum, höhere Einkommen und geringere Arbeitslosigkeit seien Faktoren, die den inländischen Konsum stärkten, schreibt die International Coffee Organization (ICO).

Lebensmittelkonzern schäumt

Die hohen Rohstoffpreise ziehen natürlich weite Kreise. Der US-Lebensmittelkonzern Kraft Foods wälzt den Kostenanstieg für Rohkaffee, Kakao, aber auch Milch und Getreide direkt auf seine Kunden ab. Süßigkeiten wie Milka-Schokolade und Toblerone sowie Jacobs-Kaffee werden teurer. Der Konzern fordert daher regulative Grenzen gegen die Rohstoffspekulation, wie Kraft Foods Schweiz am Montag mitteilte.

Es müsse sichergestellt werden, dass Agrarrohstoffe wie Rohkaffee, Kakao und Weizen vorrangig für die Lebensmittelproduktion zur Verfügung stünden und nicht der Spekulation ausgesetzt seien, heißt es in einer Konzernmitteilung.

Seit der Finanzkrise in den Jahren 2007/08 hätten sich verstärkt Hedgefonds-Anleger und institutionelle Investoren auf den Handel mit Agrarrohstoffen gestürzt. Das habe die Schwankungsbreite der Preise stark vergrößert, kritisiert Kraft Foods. Der Rohwarenanteil macht laut Kraft Foods bei den Produktionskosten von Röstkaffee rund 80 Prozent aus und werde durch die Spekulationen an der Börse zum Haupttreiber unvermeidlicher Preiserhöhungen.

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