Marsch vor Parlament
Während das Regime von Präsident Hosni Mubarak mit einer Mischung aus Gesprächsangeboten, Zugeständnissen, Drohungen und offener Polizeigewalt versucht, ein Ende des Aufstands in Ägypten herbeizuführen, breiten sich die Proteste immer weiter aus.
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Neben den politischen Demonstrationen - allen voran auf dem zentralen Tahrir-Platz in Kairo - gibt es immer mehr Arbeitskämpfe und Streiks in zahlreichen, meist staatsnahen Unternehmen. Diese Proteste stehen laut der ägyptischen Tageszeitung „Al-Masri al-Jum“ in Verbindung mit der Revolte.
Deren Proponenten hätten zuletzt mehrmals betont, wie wichtig es sei, nun die Proteste über den Tahrir-Platz hinauszutragen. So gab es zuletzt etwa Proteste vor der Zentrale der staatlichen Medienbehörde. Rund 500 Mitarbeiter hätten dort demonstriert und sich über die von oben verordnete regimefreundliche Berichterstattung beklagt. Vor der Zentrale der größten ägyptischen Tageszeitung, der staatlichen „Al-Ahram“, forderten Hunderte Mitarbeiter Vollzeitverträge und Boni.
Boni gestrichen
5.000 Mitarbeiter des staatlichen Telekombetreibers Telecom Egypt informierten auf Ständen in drei verschiedenen Kairoer Stadtteilen die Öffentlichkeit. Dabei forderten sie die Schaffung angemessener Mindest- und Höchstgehälter. Zu den Protesten sei es auch gekommen, weil gleichzeitig mit den von der Regierung angekündigten Lohnerhöhungen das Management den Mitarbeitern ihre Boni gestrichen habe. „Das hat uns am meisten verbittert“, sagte der Telecom-Techniker Schadi Malek gegenüber „Al-Masri al-Jum“.
Streiks und Sit-ins
In Port Said, Ismailia und Sues machten rund 6.000 Mitarbeiter der Sueskanal-Behörde ein Sit-in und forderten Lohnanpassungen. Mehr als 100 Arbeiter der staatlichen Seidenfabrik Kafr al-Dawwar und rund 500 Mitarbeiter einer staatlichen Textilfabrik forderten die Auszahlung seit langem überfälliger Boni und Lebensmittelzuschüsse ein.

APA/EPA
Arbeiter der Sueskanal-Behörde streiken vor der Konzernzentrale in Ismailia.
Laut Gewerkschaftsvertretern gingen auch 4.000 Arbeiter eines Bergbauunternehmens in Helwan in Streik. Auch hier wurden höhere Löhne, dauerhafte Verträge für Zeitarbeiter und ein Ende der Korruption gefordert. Außerdem hätten sie ihre Solidarität mit den Aufständischen im Zentrum Kairos ausgedrückt, so „Al-Masri al-Jum“. In Sues forderten mehr als 400 Arbeiter der Misr National Steel Company, dass die Firma ihnen seit Jahren zurückgehaltene Boni auszahle. In Mahalla im Norden Ägyptens belagerten Hunderte Arbeiter die Büros des Managements und forderten dessen Rücktritt.
Polizei schießt auf Demonstranten
Die Proteste waren unterdessen auch am Mittwoch erneut von blutigen Zusammenstößen überschattet worden. Mindestens drei Menschen erlagen nach Angaben aus Sicherheitskreisen in Al-Charga ihren Verletzungen, nachdem die Polizei mit scharfer Munition auf die Menge geschossen hatte.
Die Proteste in der 400 Kilometer südlich von Kairo gelegenen Oasenstadt hätten am Montag friedlich begonnen, sagte ein Verantwortlicher der Sicherheitskräfte. Am Dienstag sei eine Kundgebung aber in Gewalt umgeschlagen, nachdem ein Polizist die Demonstranten beleidigt habe. Die Polizei feuerte den Angaben zufolge in die Menge, rund hundert Menschen wurden verletzt.
Die Demonstranten hätten daraufhin sieben staatliche Einrichtungen in Brand gesetzt, darunter zwei Polizeiwachen, eine Polizeikaserne, ein Gerichtsgebäude und die örtliche Zentrale der Regierungspartei. Nach Angaben der UNO und von Menschenrechtlern wurden bei den Unruhen in Ägypten bisher rund 300 Menschen getötet.
Marsch vor Parlament
In Kairo hielten die Regierungsgegner weiter die Stellung auf dem Tahrir-Platz. Im nahe gelegenen Regierungsviertel zogen Hunderte Menschen am Mittwoch vor das Parlament und den Sitz des Kabinetts, die Armee schirmte die Gebäude mit gepanzerten Fahrzeugen ab. Die Demonstranten blockierten den Eingang zum Parlament, zu Zwischenfällen kam es nicht. Die Opposition kündigte eine weitere Großkundgebung für Freitag an.
Muslimbruderschaft verweigert Gespräche
Die islamistische Muslimbruderschaft legte unterdessen am Mittwoch die Gespräche mit der ägyptischen Führung auf Eis. Zugleich erneuerte die Oppositionsgruppe ihre Forderung nach einem Rücktritt Mubaraks. „Wir können nur mit jemandem sprechen, der die Forderung des Volkes nach einem Ende des Regimes anerkennt“, sagte Essam al-Erian, ein Anführer der Bewegung. Die Bewegung hatte am Sonntag erstmals an einem Treffen mit Vizepräsident Omar Suleiman teilgenommen, sah danach aber zu viele Forderungen unerfüllt.
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