Müllverbrennung unter der Piste
Mit einer besonders unkonventionellen Idee hat das dänische Büro Bjarke Ingels Group (BIG) einen Architekturwettbewerb gewonnen. Gefragt war der Entwurf für ein neues Müllheizkraftwerk für die Stadt Kopenhagen. BIG wollte mit seinem Siegerprojekt beweisen, dass Nachhaltigkeit auch Spaß machen kann, und plante ein kleines Skigebiet mitten in der Stadt - auf dem Dach des Kraftwerks.
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Die dänische Hauptstadt eigne sich, wie Bjarke Ingels im Interview mit der „Zeit“ erklärte, klimatisch sehr gut für den Skisport, allerdings mangle es an der entsprechenden Topografie. „Wir haben vier Monate lang Nachtfrost, und es schneit viel“, so der Architekt, dessen Skiparadies mitten im Industriegebiet der Stadt bis 2016 verwirklicht werden soll.
Das multifunktionale Gebäude soll zusätzlich nicht - wie für Müllverbrennungsanlagen oft üblich - möglichst dezent am Rand der Stadt verschwinden, sondern sich zu einer Sehenswürdigkeit und Touristenattraktion entwickeln. Das Projekt ist die zweitgrößte ökologische Initiative des Landes, und das Siegerprojekt wird mit einem Budget von 470 Mio. Euro realisiert.
„Schöne Ergänzung für die Stadt“
„Der Entwurf von BIG ist eine nützliche und schöne Ergänzung für unsere Stadt. Wir erkennen darin viele Möglichkeiten und mit diesem einzigartigen Gebäude können wir der Welt unseren Zugang zu ökologischen Themen demonstrieren“, begründete Ulla Röttger, die Direktorin der dänischen Energiegesellschaft Amagerforbraending die Entscheidung der Jury.

BIG - Bjarke Ingels Group
Ein Modell zeigt den Verlauf der unterschiedlichen Pisten auf dem Dach der Anlage. (blau = leicht, grün = mittel, schwarz = schwer)
Das Dach der Müllverbrennungsanlage soll ein 31.000 Quadratmeter großes Wintersportzentrum beherbergen und mit rund 1,5 Kilometern Piste genug Platz für Skifahrer unterschiedlichster Fahrkenntnisse bieten. Die Piste soll mit einem umweltfreundlichen und recyclebaren Granulat auch in schneeärmeren Zeiten für die Skifahrer und Snowboarder präpariert werden.
Panoramarestaurant mit Liegestühlen
Statt Sessel- oder Schlepplift sollen die Kopenhagener künftig einen Innenaufzug entlang des Rauchfangs verwenden, durch dessen Glaswände sie gleichzeitig die Abläufe innerhalb des Kraftwerks beobachten können. Auf dem Dach der Anlage, in gut 100 Metern Höhe, befinden sich der Einstieg zum Skivergnügen und ein Panoramarestaurant, in dem die Besucher neben dem Ausblick über die Stadt auch die Möglichkeit haben sollen, bei gutem Wetter auf Terrassen die Sonne im Liegestuhl zu genießen.

BIG - Bjarke Ingels Group
Bunte Ringe sollen über Kopenhagen schweben und das ökologische Bewusstsein schärfen.
Kunstwerke aus Rauch
Besonders stolz zeigte sich Ingels im „Zeit“-Interview auf seinen Rauchfang, den er als Sinnbild für die Fabrik und das Problem der Verschmutzung sieht. „Der Rauch strömt in das Behältnis und spannt einen Kolben, bis der bei 200 Kilogramm CO2 seine maximale Kapazität erreicht und sich zusammenzieht. Dadurch entsteht ein riesiger Rauchring.“
Diese Ringe sollen einen Durchmesser von 30 Metern erreichen und in der Nacht durch Laserprojektionen weit über die Stadt sichtbar sein. Auch für die Fassade hat sich das Architekturbüro etwas Besonderes überlegt: Schachbrettartig sollen sich von außen gesehen Glasflächen und begrünte Module abwechseln, und so soll das Kraftwerk aus weiterer Entfernung tatsächlich die Optik eines Berges erhalten. Skifahren wie im Gebirge also, und das in einem Land, dessen höchster Berg gerade einmal 173 Meter hoch ist.
Konkurrenz mit Schweden?
Auch in der schwedischen Hauptstadt Stockholm gibt es die Möglichkeit, auf Müll Ski zu fahren, wenn auch nicht auf einem Kraftwerk. Das Skigebiet Hammarbybacken liegt recht innenstadtnah auf einer ehemaligen Mülldeponie und wartet mit vier Abfahrten auf, von denen die längste 750 Meter lang ist.
Insgesamt bietet das Skigebiet, das sich rund 85 Meter über die Stadt erhebt, zwei Kilometer Pistenspaß, von denen drei Viertel als blaue Pisten deklariert sind und ein Viertel als rote. Eine schwarze Piste hat Hammarbybacken im Vergleich zum dänischen Projekt nicht zu bieten.
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