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Terrorgruppe als Gegenspieler Mubaraks

Der irakische Ableger von Al-Kaida hat laut dem auf die Überwachung islamistischer Websites spezialisierten US-Unternehmen SITE die Demonstranten in Ägypten zum „Heiligen Krieg“ aufgerufen. In einer Erklärung des Islamischen Staats im Irak (ISI), die auf mehreren Websites veröffentlicht wurde, seien die Ägypter zudem aufgefordert worden, eine Regierung auf Basis der Scharia einzusetzen, teilte SITE am Dienstag (Ortszeit) mit.

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Die „Türen des Märtyrertums“ seien geöffnet, jeder Mann, der dazu fähig sei, müsse sich beteiligen, wurde aus der Erklärung weiter zitiert. Es handelt sich vermutlich um die erste Stellungnahme einer der Terrororganisation Al-Kaida zugerechneten Gruppe zu den Massenprotesten in Ägypten.

Ursprünge in ägyptischen Unruhen

Al-Kaida ist einer der größten Gegenspieler des Regimes von Präsident Hosni Mubarak. Gerade politische Unruhen in Ägypten waren es, die vor rund 30 Jahren zu den Ursprüngen jener Organisation zählten, aus der später Osama bin Ladens Terrornetzwerk hervorging, berichtete der US-Radiosender NPR. Ägypten ist zudem das Heimatland von Al-Kaidas Nummer zwei, Aiman al-Sawahiri, zu dessen Lebensaufgaben bisher der Sturz Mubaraks zählte.

Das renommierte Brookings-Institut hatte sich zuletzt zunehmend verwundert über Al-Kaidas bisheriges Schweigen zu Ägypten gezeigt. Die Terrororganisation könnte das derzeitige Chaos etwa für den Aufbau neuer Terrorzellen nutzen. Dennoch dürfte Al-Sawahiri den zunehmenden Machtverlust Mubaraks zwiespältig betrachten, vermutet Brookings. Grund dafür sei, dass es sich bei den Massenprotesten nicht um jene Revolution handle, die Al-Kaida seit drei Jahrzehnten in Ägypten einfordert.

„Schädlich für radikale Gruppen“

Auch die Rolle der Muslimbruderschaft spricht Beobachtern zufolge derzeit eindeutig gegen Al-Kaida. Wie alle anderen beteiligten Gruppen hätten auch die Muslimbrüder ein eindeutiges Bekenntnis zu einem friedlichen Machtwechsel abgelegt, betonte Maha Azzam vom Londoner Thinktank Chatham House. Sollte dieses Vorhaben erfolgreich sein, „wäre das schädlich für radikale Gruppen“, wurde die Nahost-Expertin von dem ägyptischen Portal Ahram Online zitiert.

Gar von einem möglichen Ende des Terrors im Stile von Al-Kaida ist bei Middle East Online die Rede. Sollten die Araber erkennen, dass auch mit friedlichen Mitteln Diktatoren abgesetzt und politische Systeme verändert werden können, wäre damit selbst das „härteste Argument der Dschihadisten widerlegt“.

„Unvereinbar“ mit Ansatz von Al-Kaida

Auch Rick Nelson, Leiter des Heimatschutz- und Anti-Terror-Programms am Center for Strategic and International Studies (CSIS), sieht Al-Kaida laut NPR in einer schwierigen Situation. Der Grund sei, dass es sich bei der Protestwelle in Nahost um „keine islamistische Revolution“ handle. Vielmehr gingen die Menschen auf die Straße, weil sie Jobs und Sicherheit für ihre Familien fordern - und das sei „unvereinbar“ mit dem Ansatz von Al-Kaida.

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