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Der Fahrplan für den Übergang

In Ägypten setzen Regierung und Opposition ihr Ringen um einen Ausweg aus der Krise fort. Der unter Druck geratene Staatspräsident Hosni Mubarak machte am Dienstag weitere Zugeständnisse, mit denen ein friedlicher Machtwechsel bei den nächsten Wahlen im September ermöglicht werden soll.

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Vizepräsident Omar Suleiman erklärte am Dienstag im Staatsfernsehen, Präsident Mubarak habe die Bildung eines Komitees angeordnet, das eine Verfassungsänderung vorbereiten soll. Bei der angestrebten Änderung geht es vor allem darum, die Bedingungen für eine Kandidatur bei der Präsidentschaftswahl zu lockern.

Suleiman sagte weiter, derzeit werde ein Fahrplan für einen friedlichen Machtwechsel mit einem festen Zeitplan erarbeitet. Mubarak habe außerdem versprochen, dass es keine Strafverfolgung der Demonstranten geben werde. Als weiteres Signal des Entgegenkommens ordnete der Präsident zudem die Einsetzung einer Kommission zur Untersuchung der Gewalt gegen die Demonstranten an. Die Kommission solle die „schreckliche und inakzeptable“ Gewalt am vergangenen Mittwoch auf dem Tahrir-Platz untersuchen, die zu „unschuldigen Opfern unter den Demonstranten“ geführt habe.

Zahlreiche Menschen waren am vergangenen Mittwoch getötet worden, als Anhänger Mubaraks gegen die Regierungsgegner vorgingen. Dabei waren Vorwürfe lautgeworden, bei den Mubarak-Anhängern handele es sich um bezahlte Schlägertrupps.

Golfstaaten gegen schnellen Rücktritt

Mubarak empfing am Dienstag den Außenminister der Vereinigten Arabischen Emirate, Scheich Abdullah bin Said al-Nahjan. Das meldete der Nachrichtensender al-Arabija. Die Herrscher der Golfstaaten sind mehrheitlich gegen einen schnellen Rücktritt Mubaraks - wahrscheinlich weil sie befürchten, das könnte auch Oppositionelle in ihren Ländern zu Protesten ermutigen.

Auch die Muslimbruderschaft, die am besten organisierte Oppositionskraft, verlangt den Rücktritt des seit fast 30 Jahren herrschenden Staatschefs. Andere Teile der Opposition sprechen sich dafür aus, dass Mubarak bis zur nächsten regulären Präsidentschaftswahl im September im Amt bleibt.

Suleiman warnt

Unabhängige Beobachter sehen allerdings das Risiko, dass das einigen unter Mubarak reich gewordenen korrupten Geschäftsleuten erlauben würde, ihr teilweise unrechtmäßig erworbenes Vermögen in Ruhe außer Landes zu bringen. Vor einer Woche hatte der 82-jährige Staatschef angekündigt, bei der Wahl im September nicht mehr antreten zu wollen.

Dienstagabend berichtete die staatliche Nachrichtenagentur MENA, dass Suleiman vor einem Andauern der Proteste warnte. Diese Krise müsse bald ein Ende haben, zeigte er die Ungeduld des Regimes. Suleiman betonte, dass es keinen sofortigen Rückzug Mubaraks geben werde. Er pochte auf einen Dialog mit den Demonstranten, sprach aber zugleich eine Warnung aus: „Wir wollen mit der ägyptischen Gesellschaft mit den Instrumenten der Polizei umgehen.“

US-Kritik am Verhandlungsverlauf

Die USA hatten am Vortag die Gespräche der ägyptischen Führung mit der Opposition grundsätzlich begrüßt, dennoch aber Kritik an deren Verlauf geübt. Die Bandbreite der Gespräche sei nicht ausreichend, sagte Philip Crowley, Sprecher des US-Außenministeriums, nach Angaben des Senders CNN.

Viele „wichtige Personen der ägyptischen Gesellschaft“ seien an den Gesprächen gar nicht beteiligt. Zugleich empfahl er den ägyptischen Demonstranten, die Ernsthaftigkeit der Absichten der Regierung in Kairo zu überprüfen, da es offenkundig Leute gebe, die den Übergangsprozess hinhalten wollen.

Am Dienstag drängten die USA die ägyptische Regierung, gemeinsam mit der Opposition eine Strategie und einen Zeitplan für einen geordneten Übergang des Landes zur Demokratie zu entwickeln. Zudem wurde die Regierung aufgefordert, unverzüglich alle politischen Gefangenen freizulassen. US-Verteidigungsminister Robert Gates lobte aber das ägyptische Militär für die „beispielhafte“ Reaktion auf die Unruhen.

EU: „Nicht immer ganz klare Aussagen“

Der ständige EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy konzedierte unterdessen, dass die Europäische Union „mit unterschiedlichen Stimmen“ zur Entwicklung in Ägypten gesprochen habe. „Vielleicht mit zu vielen. Aber es hat immerhin positive Aussagen zugunsten der ägyptischen Bevölkerung gegeben“, erklärte Van Rompuy am Dienstag im EU-Parlament in Brüssel.

Das „Auftreten Europas war sowieso nicht so groß, wie manche glauben“. Ägypten solle natürlich durch die Europäer unterstützt werden, das „haben wir auch getan, natürlich nicht so aus einem Guss“, meinte der Ratspräsident. Es habe auch „nicht immer ganz klare Aussagen gegeben“. Jedenfalls „gibt es unsere ganze Unterstützung für freie und faire Wahlen“ für die Zeit des Übergangs in Ägypten in Richtung Demokratie.

Generell sei aber die Lage in Ägypten nicht im Vordergrund der Debatten in Europa gestanden. „Man soll sich nichts vormachen. Wenn ich mir anschaue, was man hier in Europa debattiert hat, war das nicht Ägypten, vielleicht mit Ausnahme der Menschenrechte.“ Aber insgesamt sei das kein großes Thema gewesen, „eher der Wunsch nach Stabilität“.

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