„Keine Fehler mehr drinnen“
Verteidigungsminister Norbert „Darabos (SPÖ, Anm.) hat eine letzte Chance bekommen“. Mit diesen Worten warnte ÖVP-Obmann Josef Pröll in der Ö1-Sendung „Im Journal zu Gast“ Darabos einen Tag nach Misstrauensanträgen im Parlament, bei denen die ÖVP den Verteidigungsminister noch unterstützt hatte. Dieser habe „auf breiter Ebene getäuscht“, so Pröll. „Fehler, wie sie passiert sind, sind nicht mehr drinnen.“
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Mit Kritik an Darabos sparte Pröll nicht. Der Verteidigungsminister habe ebenso wie Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) bei den Alternativmodellen zu Wehrpflicht und Zivildienst „auf breiter Ebene getäuscht“. Darabos führe eine „populistische Debatte auf dem Rücken der Sicherheit der Menschen in dem Land“. Die SPÖ habe sich „verrannt“, allen voran der Verteidigungsminister.
Es sei eine Debatte, die nicht nötig gewesen wäre, jetzt müsse man sie lösen. Nach dem „Chaos“, das Darabos mit seinen Ideen angerichtet habe, müsse man zurück zu einer sachlichen Debatte, sagte Pröll. Darabos habe das Signal verstanden.
„Darabos liefert keine Antworten“
Für Pröll stehe die Sicherheit Österreichs im Vordergrund. Gerade jetzt blickten alle nach Ägypten. Er spüre das, es sei ein Bedürfnis nach Sicherheit da, sagte der Vizekanzler. Man müsse also zuerst eine Sicherheitsstrategie entwickeln und dann das Bundesheer reformieren. Darabos liefere mit seinen Vorschlägen keine Lösungen für den Katastropheneinsatz und für die Rückholung von österreichischen Touristen aus dem Ausland. Ebenso liefere er keine Antwort auf die Terrorismusgefahr, sagte Pröll.
Wehrdienstverkürzung denkbar
In der Wehrpflichtdebatte wollte Pröll auch am Samstag kein ÖVP-Modell vorlegen - mit Verweis darauf, dass man ein solches erst erstellen könne, wenn die Sicherheitsstrategie geklärt sei. Er stellte jedoch klar, dass die ÖVP keinem Ende der Wehrpflicht zustimmen würde. Die ÖVP wolle, dass die jungen Menschen auch in Zukunft Dienst am Land tun.
Bestandteil des Konzepts solle eine „reformierte Wehrpflicht“ sein. Den Vorstoß seines Onkels und niederösterreichischen Landeshauptmanns Erwin Pröll (ÖVP), die Wehrpflicht auf fünf Monate zu verkürzen, bezeichnete der Vizekanzler als mögliche Lösung. Damit könnte man auch den Zivildienst absichern.
Keine Angst vor Volksbefragung
Derzeit seien die Positionen von SPÖ und ÖVP sehr weit auseinander. Priorität hat für den ÖVP-Chef unverändert, gemeinsam mit der SPÖ eine Lösung zu finden. Ergebe sich diese nicht, scheue er sich auch nicht vor einer Volksbefragung über die unterschiedlichen Modelle, sagte Pröll und betonte, er sei „felsenfest“ davon überzeugt, dass die Koalition bis 2013 arbeiten werde. Es gebe wichtige Probleme zu lösen, und daher müsse man den Streit zurückstellen.
Auch Voves kritisiert Vorgangsweise
Ähnlich kritisierte auch der steirische Landeshauptmann Franz Voves (SPÖ) Darabos’ Vorgangsweise: „Ich glaube, die Diskussion ist in der Abstufung völlig falsch gelaufen.“ Zuerst sei die Sicherheitsdoktrin neu zu diskutieren, denn daraus resultierten die neuen Ziele und Aufgaben für das Bundesheer, erst die dritte Frage sei dann: „Mit welcher operativen Struktur erfülle ich diese Ziele optimal“, so Voves im „Kurier“ (Sonntag-Ausgabe). Ob er selbst die Wehrpflicht abschaffen würde, ließ der Landeshauptmann offen.
Hundstorfer verteidigt Rechnungen
Hundstorfer wies Prölls Vorwürfe zurück, wonach seine Berechnungen zu einem freiwilligen Sozialjahr falsch seien. Die Zahlen, die dem bereits präsentierten Grundmodell zugrunde lägen, seien seriös berechnet worden - „und zwar auf Grundlage jener Zahlen, die vom Innenministerium und von Trägerorganisationen stammen“.
Der Sozialminister betonte außerdem, dass bei den Gesamtkosten auch die Einnahmen aus der Lohnsteuer in Abzug zu bringen seien: „Wer das soziale Jahr absolviert, zahlt Lohnsteuer. Daraus resultieren Einnahmen auf Bundesseite, die die Kosten des Modells minimieren“, erklärte Hundstorfer und forderte, wieder zu einer sachlichen und inhaltsbezogenen Diskussion zurückzukehren.
Kritik von allen Seiten
Der grüne Sicherheitssprecher Peter Pilz ärgerte sich, dass Pröll erneut das „alte Zwangsheer“ verteidigt habe und somit wie in der Bildungspolitik notwendige Reformen verhindere. Pilz plädierte dafür, dass das Parlament noch im Februar mit der Erarbeitung einer neuen Sicherheitsdoktrin für Österreich starte und man sich schnell auf einen Termin für eine Volksbefragung über ein Aus für die Wehrpflicht einige.
FPÖ-Obmann Heinz Christian Strache sieht die Stimmung in der Koalition „ausgesprochen angespannt“. In der Debatte über die Wehrpflicht verfüge die ÖVP offenbar über keinerlei Konzepte, kritisierte Strache. Ob diese Koalition tatsächlich bis 2013 halte, sei im Gegensatz zu den Aussagen des ÖVP-Obmanns höchst unsicher.
Ähnlich äußerte sich auch BZÖ-Generalsekretär Christian Ebner und sprach von einer „zerrütteten“ großen Koalition: „Das ist nur noch eine Scheinehe - aufrechtgehalten von der Angst vor Neuwahlen.“ Dass die ÖVP zur Heeresreform keine eigenen Ideen habe, könne Pröll nicht verstecken.
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