Darabos in der Dauerkritik
Erwartungsgemäß emotionsgeladen ist die von allen drei Oppositionsparteien gemeinsam beantragte Nationalratssitzung über die Wehrpflicht am Freitag angelaufen: Für die Grünen holte Peter Pilz zu einem Rundumschlag gegen die Regierung und die FPÖ aus und sorgte mit dem Ausdruck „Miniwehrmacht“ für Empörung. Doch auch die anderen Parteien setzten nach.
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Die Misstrauensanträge der Opposition überstand Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) mit Hilfe der ÖVP, die aus Koalitionsräson zähneknirschend sitzen blieb. Einzig ÖVP-Mandatar Michael Ikrath machte es bis zum Schluss spannend, indem er erst bei der letzten von drei Misstrauensabstimmungen plötzlich mit einem schnellen Sprung den Saal verließ und somit nicht am Votum teilnahm. Er hatte im Vorfeld damit gedroht, gegen Darabos zu stimmen.
Darabos hatte davor neuerlich versucht, seine heftig kritisierte Vorgehensweise zu rechtfertigen. Dabei sorgte der Minister gleich zu Beginn seiner Rede mit den Worten „Sie können davon ausgehen, dass wir das Ressort gut führen“ für Gelächter und Zwischenrufe. Seine geänderte Position in der Wehrpflichtfrage begründete Darabos mit „neuen Rahmenbedingungen“ in Europa und mit der Abschaffung des Präsenzdienstes in anderen Ländern. Darabos nannte als Beispiele die „Republik Schweden“ - eigentlich eine Monarchie - und Deutschland.
Darabos: „Rekrutierung möglich“
Der Minister plädierte einmal mehr für eine Volksbefragung. Die Abschaffung der Wehrpflicht sei eine so wichtige Frage, dass die Bevölkerung nicht ausgeklammert werden dürfe. Probleme mit der Rekrutierung Freiwilliger erwartet Darabos entgegen anderslautenden Befürchtungen nicht. „Ich verspreche Ihnen und ich garantiere Ihnen, dass diese Rekrutierung möglich ist“, sagte Darabos.
Man habe derzeit 3.500 Freiwillige und brauche bei einer Umstellung in den ersten vier Jahren 2.500 Freiwillige - 800 für die Miliz, 1.300 als Zeitsoldaten und 400 als Berufssoldaten. Einmal mehr verteidigte Darabos seine Modelle gegen den Vorwurf der Manipulation: „Es ist keine Schönrechnung meines Modells gewesen.“
Grüne wollen rasche Volksbefragung
Pilz begründete den Antrag auf eine rasche Volksbefragung damit, dass die Regierung nicht imstande sei, eine seriöse Debatte durchzuführen, und daher besser die Bevölkerung entscheiden sollte. Pilz warf der SPÖ vor, ein „ausführendes Organ“ der „Kronen Zeitung“ zu sein. Die Weisungskette laute „Krone“, Kanzler und erst dann Verteidigungsminister. Er forderte Darabos, für den die Wehrpflicht vor einigen Monaten noch „in Stein gemeißelt“ war, auf: „Legen Sie den Meißel weg und heben Sie nicht ab, wenn die ‚Krone‘ anruft.“
„Dilettantisch vorbereitet“
Die Modelle Darabos’ tat Pilz als „sieben Milchmädchenrechnungen“ ab, die den entscheidenden Fehler hätten, immer von einer Mobilmachungsstärke von 55.000 Mann auszugehen. Eine Attacke ritt Pilz auch gegen „FPÖ-nahe Generäle“, die Rekruten „als persönliche Diener missbrauchen“. Die Zwischenrufe aus der FPÖ konterte er: „Ja, Sie wollen die österreichische Miniwehrmacht im Gedankengut des vorigen Jahrhunderts.“
Auch Grünen-Chefin Eva Glawischnig kritisierte Darabos. Er habe die von den Grünen inhaltlich begrüßte Abschaffung der Wehrpflicht „dilettantisch vorbereitet“, aber auch die ÖVP schaffe es nicht, bei dem Thema mit einer Stimme zu sprechen, und erweise sich als „Betonfraktion“. Dass die ÖVP lediglich Finanzstaatssekretär Reinhold Lopatka auf die Regierungsbank geschickt hatte – alle anderen ÖVP-Minister glänzten durch Abwesenheit-, wertete Glawischnig als Sinnbild für den Zustand der Koalition.
Strache: „Sie sind ein Sicherheitsrisiko“
FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache übte scharfe Kritik an SPÖ und Grünen: „Sie wollen, nachdem Sie schon die Familien kaputtgemacht haben, in unserem Land, nachdem Sie das Bildungssystem kaputtgemacht haben, jetzt auch das Bundesheer kaputtmachen.“ Als „Frechheit“ wertet er die Behauptung, Grundwehrdiener würden nur sinnlose Tätigkeiten verrichten, gebe es doch auch Sanitäter und Krankenpfleger beim Bundesheer.
Den Verteidigungsminister verglich Strache mit einem um sich schlagenden Ertrinkenden. „Sie sind ein Sicherheitsrisiko für unser Land und auch eine Schande für das österreichische Bundesheer“, so Strache: „Sie sollten von sich aus das Prinzip Freiwilligkeit erfüllen und freiwillig zurücktreten.“
Scharfe Kritik auch von ÖVP
Für das BZÖ brachte Vizeklubchef Herbert Scheibner einen Misstrauensantrag nicht nur gegen Darabos, sondern gegen das gesamte Kabinett ein: Es brauche eine neue Regierung, der die Sicherheit Österreichs ein Anliegen sei. Er forderte ein Mischsystem aus Berufssoldaten und Freiwilligenmiliz und ein klares Bekenntnis zu Auslandseinsätzen. Das aktuelle System sei „nicht mehr tauglich für die Zukunft“. „Es ist eine Reform notwendig, nur müssen die Grundvoraussetzungen stimmen“, so Scheibner.
Neben der Opposition wetterte auch Koalitionspartner ÖVP gegen Darabos. Wehrsprecher Norbert Kapeller attestierte dem Minister eine „unseriöse Vorgangsweise“ und warf ihm vor, mit der Wehrpflicht auch die Neutralität abschaffen zu wollen und den Katastrophenschutz zu gefährden. „Persönlich haben Sie Ihr Vertrauen bei mir verwirkt“, so Kapeller. „Die Welt gerät aus den Fugen, und Sie, Herr Bundesminister, entwaffnen unser Bundesheer“, kritisierte er.
ÖVP-Klubchef Karlheinz Kopf erklärte, wieso seine Franktion den Misstrauensanträgen nicht zustimmte. Darabos habe zwar eine gehörige Portion Misstrauen in den Reihen der ÖVP-Abgeordneten erworben. „Die Unterstützung eines Misstrauensantrags hätte jedoch so weitreichende Folgen, dass wir davon absehen.“
Cap verteidigt Darabos
In Schutz genommen wurde Darabos von SPÖ-Klubchef Josef Cap. Er erinnerte den Koalitionspartner daran, dass der damalige ÖVP-Chef Wolfgang Schüssel schon 1999 die Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht gefordert hatte - damals mit dem Argument, jungen Männern ein „zusätzliches Jahr für Ausbildung und Studium“ zu „schenken“. Nur noch drei Länder in Europa würden auf die Wehrpflicht setzen, von einem riskanten Alleingang könne daher keine Rede sein.
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