Wahl auf August vorgezogen?
Mit Besänftigungen und kleinen Zugeständnissen haben die von Ägyptens Präsident Hosni Mubarak neu eingesetzten Vertreter des Regimes versucht, die anhaltenden Proteste zu beruhigen. Vizepräsident Omar Suleiman unterbreitete der verbotenen Muslimbruderschaft ein Dialogangebot. Zudem versicherte er, dass auch Mubaraks Sohn nicht bei der Präsidentenwahl antreten werde.
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Gamal Mubarak galt bisher als Nachfolger seines 82-jährigen Vaters. Suleiman drängt die Gegner des ägyptischen Regimes zur Vorbereitung der Wahl, die eigentlich für September geplant war. Erstmals sprach Suleiman nun von einem möglichen Termin im August. Eine eigene Kandidatur schloss er nicht dezidiert aus.
Demos von „äußeren Kräften unterwandert“
„Die Zeit drängt“, sagte Suleiman am Donnerstag in einer vom ägyptischen Fernsehen ausgestrahlten Rede. „Wir brauchen 70 Tage allein, um die Verfassung zu ergänzen.“ Nach Präsidentenwahlen könne auch die ganze Verfassung überholt werden, sagte Suleiman. Die Rücktrittsforderungen gegen Mubarak nannte er dagegen einen „Aufruf zum Chaos“: „Es gibt keinen Staat ohne Kopf.“
Hinter den Protesten steckten womöglich auch „äußere Kräfte“, sagte er. Die Hintergründe der Angriffe auf friedliche Demonstranten müssten aufgeklärt werden. In diesem Zusammenhang sprach er von - nicht näher definierten - „Infiltrationen“, die die Demonstrationen unterwandert hätten. Die amtliche Nachrichtenagentur Mena berichtete, Suleiman habe zudem die Sicherheitsbehörden aufgerufen, während der Proteste festgenommene Jugendliche freizulassen, wenn diese nicht an „kriminellen Taten“ beteiligt waren.
Erstmals Angebot an Muslimbrüder
Erstmals lud Suleiman die Muslimbruderschaft zu Gesprächen ein. „Ich habe sie kontaktiert, ich habe sie eingeladen, aber sie zögerten noch, in einen Dialog einzutreten“, sagte er. „Es ist in ihrem Interesse, in diesen Dialog einzutreten, sie würden sonst eine große Gelegenheit versäumen“, fügte er hinzu. Wenige Stunden zuvor hatte sich der Vizepräsident mit Vertretern mehrerer kleinerer Oppositionsgruppen getroffen. Vertreter der Muslimbruderschaft hatten zuletzt erklärt, mit Suleiman erst reden zu wollen, wenn Mubarak zurückgetreten ist.
Zynischer „Dank an die Jugend“
Suleiman sagte weiters, dass innerhalb von neun Tagen etwa eine Million Touristen das Land verlassen hätte. Die Verluste für das Land seien riesig. Er sprach von einer Milliarde Dollar bisher.
Kommentatoren fanden vor allem Suleimans Abschlussworte beachtlich – und zynisch. An die Jugend des Landes gerichtet sagte er: „Wir danken euch für das, was ihr getan habt, ich wart der Funke, der die Reform jetzt entzündet hat. Glaubt nicht an die Gerüchte und dem Satelliten-Fernsehsendern, die euch gegen euer Land aufhetzen.“
Schafik entschuldigt sich
Bereits zuvor hatte sich der neue Regierungschef Ahmed Schafik für die Gewalt gegen die Regimegegner entschuldigt. „Für Angriffe auf friedliche Demonstranten gibt es keine Ausreden, und deswegen entschuldige ich mich dafür“, sagte Schafik dem TV-Sender al-Hajat. Unterdessen bestritt die Regierung weiter, in die Angriffe von Anhängern Mubaraks auf Regimegegner verwickelt zu sein.
Ex-Minister dürfen nicht ausreisen
Ein ägyptischer Generalstaatsanwalt untersagte indes ranghohen Vertretern des Regimes eine Ausreise. Die Anordnung betreffe Wirtschaftsleute und frühere Minister, berichteten ägyptische Staatsmedien. Außerdem seien Bankkonten eingefroren worden. Betroffen seien unter anderen Stahlmagnat Ahmed Ess und der vergangene Woche entlassene Innenminister Habib al-Adli. Auch gegen den früheren Tourismusminister Soheir Garranah und den früheren Wohnungsminister Ahmed al-Maghrabi werde ermittelt.
Die Maßnahmen würden gelten, bis die Sicherheit wiederhergestellt sei und die Behörden Ermittlungen hätten vornehmen können, wer für die vergangenen Ereignisse verantwortlich sei, sagte der Staatsanwalt.
Der Mobilfunkbetreiber Vodafone verbreitete in Ägypten Kurzmitteilungen mit staatlicher Propaganda. Das Unternehmen teilte mit, es sei ebenso wie die Mobilfunkanbieter Mobinil und Etisalat von den Behörden angewiesen worden, seit Beginn der Proteste „Mitteilungen an das ägyptische Volk zu verschicken“. Die Behörden hätten sich dabei auf die Notstandsbefugnisse des Telekommunikationsgesetzes berufen.
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