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Deutsch-französisches Stabilitätsmenü

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel will mit einem gemeinsamen Wirtschaftspakt der Euro-Staaten die Gemeinschaftswährung für die Zukunft krisenfest machen. Einen „Pakt für Wettbewerbsfähigkeit“ möchte sie am Freitag beim Mittagessen des eintägigen EU-Gipfels in Brüssel vorstellen. Doch es scheint, als würde nicht jedem in Europa ihr Menüvorschlag munden.

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Merkel möchte diesen Vorstoß mit ihrem französischen Kollegen Nicolas Sarkozy vorstellen. Verhindert werden soll, dass die Währungsunion weiter auseinanderdriftet. So soll es auch um die Einführung von Schuldenbremsen nach deutschem Vorbild gehen, um die Verschuldung der öffentlichen Haushalte in den Euro-Staaten einzudämmen. Auch eine Anpassung des Pensionsalters entsprechend der demografischen Entwicklung sei geplant. Das frühe Pensionsantrittsalter in Griechenland wurde von deutschen Politikern als ein Grund für die Verschuldung Athens kritisiert.

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy

APA/EPA/Olivier Hoslet

Merkel und Sarkozy setzen zunächst auf einen Alleingang zur Stabilisierung des Euro-Raums.

EU-Staaten noch nicht einbezogen

Noch hat man andere Staaten nicht in die Überlegungen einbezogen. Oberstes Ziel sei, dass die Euro-Zone insgesamt wettbewerbsfähiger werde, wobei gleichzeitig betont wird, dass bei einzelnen Punkten wie Lohnpolitik, Steuern und Sozialversicherung die nationalen Kompetenzen unangetastet bleiben. Es gebe auch keine Bereitschaft der EU-27, diese Kompetenzen auf europäische Ebene zu übertragen. Allerdings sollten die Staats- und Regierungschefs vor allem bei der wirtschaftlichen Steuerung stärker in die Pflicht genommen werden.

Verpflichtung für Regierungschefs

So wollen Deutschland und Frankreich, dass sich die Regierungschefs verpflichten, die vereinbarten Ziele in ihren Ländern auch umzusetzen, um dem eine „gewisse Bindungswirkung“ zu verleihen. Dafür sollte es auch ein klares Monitoringverfahren geben. Für Bereiche, die nicht der EU übertragen worden seien, gebe es ja keinen Vertrag, beispielsweise bei der Einführung einer Schuldenbremse und bei sozialen Sicherungssystemen. Die EU sei deshalb nicht zuständig, und daher könne man auch kein Vertragsverletzungsverfahren einleiten, lautet die Begründung.

Welche Rechtsform hätte der Plan?

Da aber ein neuer Vertrag in solchen Bereichen viel zu viel Zeit brauchte, müsse eine andere Form gefunden werden. Und die „Stimme der Regierungschefs ist etwas anderes“. Diese würden sich mehrmals im Jahr in Brüssel treffen, und es sei dann angesichts eines Gruppendrucks schwer denkbar, dass ein Ministerpräsident beim März-Gipfel einem Punkt zustimme und im Oktober dann sage, er lehne das ab.

Bilanz über Euro-Rettungsschirm

Der EU-Gipfel wird eine Bilanz über den Euro-Rettungsschirm (EFSF) ziehen. Vor allem der EFSF mit seinen 440 Mrd. Euro sollte so gestaltet werden, dass eine ausreichende finanzielle Unterstützung jederzeit zur Verfügung stehe. Derzeit sind ja aufgrund des notwendigen Triple-A-Ratings nur 250 Mrd. Euro abrufbar. Deutschland ist jedenfalls weiterhin dagegen, dass der EFSF Anleihen kaufen können soll.

Wenn sich beispielsweise jeder Regierungschef verpflichtete, eine Schuldenbremse einzuführen, müsse jeder dafür sorgen, dass das national bei ihm auch umgesetzt wird. Gänzlich unrealistisch sei das nicht, denn auch in Deutschland habe man die Schuldenbremse zunächst für unwahrscheinlich gehalten, nun sei sie doch da.

„Erster Zwischenschritt“

In deutschen Regierungskreisen hieß es, es handle sich um einen „Zwischenschritt“. Entscheidungen über einzelne Ziele werde es nicht geben, das große Gesamtpaket soll beim März-Gipfel verabschiedet werden. Allerdings gibt es in Deutschland selbst Widerstände gegen Merkels Vorhaben. Vor allem Koalitionspartner FDP ist gegen das Vorhaben, das ja wie eine Schattenregierung zur Wirtschaftspolitik funktionieren würde. „Wir wollen nicht, dass nur kurzfristig, kurzatmig eine Schuldenkrise mit neuen Schulden bekämpft wird, sondern wir wollen, dass eben auch strukturelle Maßnahmen ergriffen werden“, sagte FDP-Chef Guido Westerwelle diese Woche in Brüssel beim Außenministerrat.

SPD-Kritik an Merkel

SPD-Chef Sigmar Gabriel kritisierte die Pläne von Merkel für eine Art Wirtschaftsregierung in der Euro-Zone. Mit der Initiative setze die Kanzlerin „leider die falschen Schwerpunkte“, so Gabriel. Europa brauche eine koordinierte Wirtschaftspolitik, die durch kluge Zukunftsinvestitionen in Innovation, Bildung und Forschung Wachstumsimpulse gebe. Die Mitgliedsstaaten könnten das nur leisten, wenn sie genügend Geld hätten, betonte Gabriel. Hierfür sei die Einführung einer Finanztransaktionssteuer notwendig, damit auch der Finanzsektor seinen Beitrag zur Bewältigung der Krise leistet.

Darüber hinaus wird eine Analyse von EU-Kommission und Europäischer Zentralbank (EZB) präsentiert, ob die Bemühungen von Schuldenländern wie Griechenland und Irland zur Bewältigung ihrer Krise ausreichen. Die Forderung Griechenlands nach einer Verlängerung der Laufzeit der Kredite werde geprüft, doch von 30 Jahren könne keine Rede sein, hieß es in deutschen Regierungskreisen.

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