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Historische Massenbewegung

Millionen Menschen sind am Dienstag dem Aufruf der Opposition zu einem friedlichen „Marsch der Million“ gegen Ägyptens Präsident Hosni Mubarak gefolgt. Allein im Zentrum Kairos forderten am Nachmittag bei der größten Demonstrationen in der modernen Geschichte des Staates laut al-Jazeera bis zu zwei Millionen Menschen aus allen Bevölkerungsschichten friedlich den Rücktritt des 82-Jährigen.

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Der Protest ging quer durch die ägyptische Bevölkerung. Auf dem zentralen Tahrir-Platz in Kairo versammelten sich Arbeiter und Ärzte ebenso wie Geistliche, Frauen mit Kindern und junge Männer. „Wir wollen Freiheit. Wir wollen Demokratie“, riefen Demonstranten. Auf Transparenten war „Mubarak, verschwinde“ zu lesen. Auch nach Einbruch der Dunkelheit blieben Zehntausende auf dem Platz, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen.

Auch in anderen Städten wie Alexandria und Sues folgten Zehntausende dem Aufruf der Opposition zum „Marsch der Million“. Die Kundgebungen verliefen im ganzen Land friedlich. Armeeposten und zivile Ordner hatten die Kundgebungsteilnehmer nach Waffen kontrolliert.

Menschenmassen auf dem Tahrir-Platz in Kairo

Reuters/Amr Abdallah Dalsh

Hunderttausende protestieren auf dem Tahrir-Platz in Kairo gegen Mubarak.

Einfahrtstraßen blockiert

Die Armee, die am Vortag Schüsse auf friedliche Demonstranten ausgeschlossen hatte, hielt sich im Hintergrund. Das Militär zog Unruhestifter und mutmaßliche Kriminelle aus dem Verkehr. Die Behörden hatten zuvor versucht, mit Blockaden der Einfahrtstraßen die Demonstrationen zu behindern.

Die Armee sperrte die Zugänge nach Kairo und weiteren Städten. Seit Montag liegt auf Geheiß der Behörden der Zugsverkehr lahm. Seit Dienstag vergangener Woche waren bei den Protesten nach UNO-Angaben mindestens 300 Menschen ums Leben gekommen.

Muslimbruderschaft: Sind gut organisiert

Auffällig war, dass unter den Demonstranten in Kairo deutlich mehr Vertreter der Muslimbruderschaft zu sehen waren als in den vergangenen Tagen. Ein Vertreter der islamistischen Organisation sagte einer dpa-Reporterin: „Wir sind eine gut organisierte Bewegung. Es wird Zeit, dass auch wir auf diesem Platz reden dürfen.“ Die Muslimbrüder sind in Ägypten offiziell verboten, haben aber viele Anhänger. Sie könnten an einer neuen, von der Opposition gebildeten Regierung beteiligt sein.

Hafenanlagen stillgelegt

Die anhaltenden Unruhen wirken sich unterdessen immer stärker auf Ägyptens Wirtschaft aus. Kreisen zufolge wurde unter anderem der Frachtbetrieb in den Hafenanlagen von Alexandria und Damietta quasi zum Stillstand gebracht. Die Proteste hielten die Arbeiter vom Dienst ab, erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters am Dienstag aus Branchenkreisen.

Die Wirtschaft des Landes stürze ins Chaos. Ein in Alexandria ansässiger Vertreter des Versicherungsmarktes Lloyd’s of London sagte, der Hafen sei zwar nicht geschlossen geworden, es werde aber auch nicht gearbeitet. Es seien keine Zöllner da und auch niemand, der die Kräne bediene.

Weiter Warten auf Flughafen

Auch die für Ägypten zu den zentralen Wirtschaftszweigen zählende Tourismusbranche leidet angesichts zahlloser frühzeitig abreisender Urlauber immer stärker unter den Protesten. TUI Österreich folgte zuletzt dem Beispiel großer deutscher Reiseveranstalter und sagte Ägypten-Urlaube mit Anreisen bis einschließlich 14. Februar ab. Außerdem seien gebührenfreie Umbuchung und Stornierung für Anreisen bis 28. Februar möglich, teilte der Konzernsprecher der TUI Austria, Josef Peterleithner, am Dienstag mit.

Die Situation in den Tourismusregionen am Roten Meer sei ruhig und die Versorgung der Urlauber gewährleistet. Urlauber, die sich derzeit am Roten Meer befinden, müssten ihren Aufenthalt daher nicht vorzeitig abbrechen, betonte Peterleithner.

Unzählige Menschen mussten auch am Dienstag auf dem Flughafen von Kairo wieder auf einen Flug ins Ausland warten. An den Sicherheitsschleusen gab es untertags bis zu 40 Meter lange Warteschlangen. Die US-Regierung zieht einen Großteil ihrer Mitarbeiter ab. Lediglich eine diplomatische Notbesetzung solle in dem Land verbleiben, alle anderen US-Vertreter und ihre Angehörigen sollten heimkehren, teilte das Außenministerium am Dienstag in Washington mit.

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