Bis zu 80 Prozent Verlust
AvW-Chef Wolfgang Auer-Welsbach ist am Montag verurteilt worden, fast zwei Jahrzehnte lang rund 12.500 Genussscheininhaber geprellt zu haben. Davon haben sich rund 8.500 mutmaßlich Geschädigte als Privatbeteiligte mit einer Schadenssumme von rund 272 Mio. Euro dem Strafverfahren angeschlossen. In der Causa sind mehr als 120 Anlegeranwälte aktiv.
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Der Sohn eines Holzhändlers hatte jahrelang Vermögen verschoben und den Kurs der AvW-Aktie manipuliert. Gutachter Fritz Kleiner, auf dessen Expertise sich die 458 Seiten starke Anklageschrift stützte, bezeichnete das AvW-Genussscheinsystem schlicht als „Abzocke“ bzw. „kapitalmarktorientiertes Perpetuum mobile“, das vor allem darauf basiert habe, dass den Anlegern stets versichert worden sei, sie würden ihre Gewinne bei Bedarf in bar ausgezahlt bekommen.
Die Gewinnerwartung der Papiere zwischen zwölf und 18 Prozent bezeichnete Kleiner als „zu jedem Zeitpunkt unrealistisch“. Die Anklage geht von einem Gesamtschaden von mindestens 420 Mio. Euro aus.
Anleger sitzen auf Genussscheinen fest
Die AvW hatte im Oktober 2008, kurz nach dem Ausbruch der Finanzkrise, die Rücknahme der Genussscheine eingestellt. Seitdem sitzen rund 12.500 Anleger auf ihren Papieren. Sie werden wohl nur einen geringen Teil ihres Investments wiedersehen. Die AvW-Masseverwalter Gerhard Brandl und Ernst Malleg wollen zwar aus der Liquidierung des verbliebenen Vermögens rund 100 Mio. Euro Erlös erzielen, rund 46 Mio. Euro an Aktienpaketen in Händen der AvW sind aber an die Grazer Capital Bank verpfändet. Ob nun die Bank oder die Anleger ein Anrecht auf den Erlös haben, muss erst geklärt werden.
Aktien, Villa und Autos brachten bisher 77 Mio.
Bisher haben die Masseverwalter via Versteigerungen knapp 77 Mio. Euro eingetrieben: 34 Mio. Euro brachte ein RHI-Aktienpaket, der C-Quadrat-Anteil der AvW ging für 17,9 Mio. Euro weg, für Anteilsscheine von Binder+Co kamen 16 Mio. Euro herein. Weiters hat eine 100 Kilo schwere Goldmünze („Maple Leaf“) für 3,3 Mio. Euro einen neuen Besitzer gefunden, auch Auer-Welsbachs Villa am Wörthersee samt Grundstück sowie sechs Autos und zwei Skulpturen (ein Bulle und ein Bär) sind unter den Hammer gekommen.
Beteiligungen zu billig verkauft?
Feilzubieten haben die Masseverwalter jetzt noch kleinere Immobilien, Beteiligungen an deutschen IT-Unternehmen sowie Aktien von Hirsch Servo (elf Prozent) und S&T (knapp 30 Prozent). Letztere dürften schwer loszubekommen sein, denn um S&T steht es derzeit nicht besonders rosig: Am 30. Dezember musste das Unternehmen eine Gewinnwarnung für das vierte Quartal aussprechen. Auer-Welsbach hatte mehrmals scharfe Kritik an der Vorgehensweise der Masseverwalter geübt, die Beteiligungen seien zu früh und zu billig verkauft worden.
Noch bis zu zwei Jahre Warten auf Geld
Die Genussscheininhaber hätten 70 bis 80 Prozent ihres Investments verloren, sagte Kleinaktionärsvertreter Wilhelm Rasinger am Rande des Prozesses in Klagenfurt. Bis die Anleger Bares sehen werden, werde es wohl noch zwei Jahre - bis zum Abschluss des Insolvenzverfahrens - dauern. Schließlich müsse noch geklärt werden, ob es sich bei den Genussscheinen um Eigen- oder Fremdkapital handelt. Die Masseverwalter wollen deswegen wie berichtet Musterprozesse anstrengen, um eine eindeutige Judikatur vom Obersten Gerichtshof (OGH) zu erwirken.
„Die Masseverwalter leisten ordentliche Arbeit. Es wird etwas übrig bleiben“, so Rasinger zur APA. Aufgrund des Geständnisses Auer-Welsbachs „sehe ich keine Möglichkeit, dass noch Vermögen unter der Tuchent versteckt ist“.
Links:
- AvW (Informationen des Masseverwalters)
- OGH