Geständnis wirkte strafmildernd
Der Chef des pleitegegangenen Kärntner Finanzkonglomerats AvW, Wolfgang Auer-Welsbach, ist am Montag am Klagenfurter Landesgericht wegen gewerbsmäßig schweren Betrugs, Untreue, betrügerischer Krida, Bilanzfälschung und Beweismittelfälschung schuldig gesprochen worden. Der Schöffensenat verurteilte ihn zu acht Jahren Haft. Die Untersuchungshaft wird ihm angerechnet.
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Auer-Welsbach nahm das Urteil an. Sein Geständnis hatte das Strafmaß abgemildert. „Danke für das faire Verfahren“, sagte er nach der Entscheidung des Schöffensenats zu Richter Christian Liebhauser-Karl. Die Staatsanwaltschaft gab keine Erklärung ab, das Urteil ist somit nicht rechtskräftig.
Auer-Welsbach soll über zwei Jahrzehnte lang Vermögen verschoben und rund 12.500 Genussscheininhaber geprellt haben. Die Anklage geht von einem Gesamtschaden von mehr als 400 Mio. Euro aus.
Je 500 Euro für 9.000 Genussscheininhaber
Zusätzlich zu den acht Jahren Haft muss Auer-Welsbach knapp 9.000 Genussscheininhabern, die sich dem Strafverfahren angeschlossen haben, je 500 Euro zahlen. Auch für die Verfahrenskosten muss er aufkommen. Das Gericht erkannte das Geständnis als Milderungsgrund an. „Das soll auch Signalwirkung für andere derartige Fälle sein“, so der Richter. „Diesmal waren Sie gut beraten, ihre Verteidigungslinie zu ändern. Wenn Sie das nicht getan hätten, wäre dem Schöffensenat nichts anderes übriggeblieben, als die Höchststrafe zu verhängen.“
„Besessen von der AvW“
Zu Prozessbeginn hatte Auer-Welsbach noch alle Vorwürfe vehement bestritten, dann kam mit dem Verteidigerwechsel der Gesinnungswandel. Er bekannte sich in allen Anklagepunkten schuldig. „Ja, ich fühle mich im Sinne der Anklageschrift schuldig“, hatte er zu Richter Liebhauser-Karl gesagt. „AvW war mein Leben, ich bin die AvW, ich bin besessen von der AvW, ich habe sie diktatorisch geführt.“ Nach einigen Monaten im Gefängnis habe er erkannt, dass nur er allein dafür verantwortlich sei. „Als Mastermind habe ich die Verantwortung zu übernehmen.“
Vollinhaltliches Schuldgeständnis
Auer-Welsbach gestand sowohl den gewerbsmäßigen schweren Betrug und die Untreue als auch die Beweismittelfälschung und die Bilanzfälschung. Ja, er habe die Genussscheininhaber hinsichtlich der Liquidität getäuscht und habe zum Tatzeitpunkt in Kauf genommen, dass ein Schaden eintritt. Es sei ihm klar, dass die AvW Invest ohne die Provisionszahlungen der AvW Gruppe nicht überlebensfähig gewesen wäre.
Er gab auch zu, dass er über Liechtenstein-Stiftungen 95 Prozent der AvW-Invest-Aktien gehalten und den Kurs durch An- und Verkäufe manipuliert habe. Ja, die AvW sei ein „kapitalmarktorientiertes Perpetuum mobile“ gewesen, wie es Gutachter Fritz Kleiner in einer umfassenden Expertise, die Basis für die Anklage war, genannt hatte.

APA/Gert Eggenberger
Auer-Welsbach zeigt vor Gericht Reue.
Späte Reue durch lange Nachdenkzeit
Als Grund für seinen späten Schwenk nannte Auer-Welsbach, dass er im Gefängnis einige Monate Zeit hatte nachzudenken. „Wenn man die ersten Geschädigten hört, sieht man die Sache von einem anderen Blickpunkt“, sagte der sichtlich geknickte Auer-Welsbach. Man erkenne, was man vorher nicht habe erkennen wollen. Er sei „verbissen“ an der AvW gehangen. „Dass die tot oder zerstört ist, will man nicht glauben.“
Er sehe ein, dass die „Malversationen“ des ehemaligen AvW-Prokuristen K. nicht kausal für den Zusammenbruch des AvW-Systems sind. „Es ist mir klar, dass ich die Verantwortung habe.“ Er appellierte aber an die Staatsanwälte Thomas Liensberger und Christof Pollak, die Tätigkeit des Prokuristen für die AvW zu untersuchen. Bis vor kurzem hatte Auer-Welsbach stets seinen Prokuristen für den Niedergang des Finanzkonglomerats verantwortlich gemacht. K. hatte das mehrfach vehement zurückgewiesen.
Ermittlungen gegen 20 Personen
Mit der Verurteilung ist der Akt AvW aber noch lange nicht geschlossen. In der Causa wird gegen über 20 Personen ermittelt, unter anderen gegen die ehemaligen AvW-Vorstände Arnulf Komposch und Hans Linz. Letzterer ist in Leoben wegen betrügerischer Krida und Betrugs angeklagt.
Auch die Rolle der Prüfer wird nun von der Justiz hinterfragt, gegen einen hohen Finanzbeamten und einen Mitarbeiter der ehemaligen Bundeswertpapieraufsicht (BWA, jetzt FMA) laufen Ermittlungen. Wie bei der Verhandlung ans Licht kam, musste das Klagenfurter Finanzamt in den Jahren 2001 und 2005 AvW-Großbetriebsprüfungen auf Anordnung des zuständigen Gruppenleiters abbrechen.
VKI: Urteil ist „wichtige Zäsur“ für Anleger
Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) begrüßte das Strafurteil. Die Schadenersatzforderungen der vielen geschädigten Anleger bekämen damit eine neue Grundlage, zeigte man sich in einer Aussendung erfreut. Das Urteil sei „eine wichtige Zäsur für geschädigte Anleger auf dem Weg, wenigstens teilweise die erlittenen Schäden ersetzt zu bekommen“.
„Der VKI wird in Musterprozessen auf diese Rechtsklarheit dringen und hofft, dass für die Masse der Geschädigten vorgesorgt wird, so dass deren Forderungen derweilen nicht verjähren können“, kündigte Peter Kolba, Leiter des Bereiches Recht im VKI, an - mehr dazu in help.ORF.at.
Links:
- AvW (Informationen des Masseverwalters)
- VKI