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„Dialog mit allen Parteien“

Ägyptens Präsident Hosni Mubarak hat angesichts der Massenproteste seinen neuen Ministerpräsidenten Ahmed Schafik mit politischen Reformen beauftragt. Mubarak sagte am Sonntag in einer Rede im Fernsehen, er dränge auf „umfassende“ Schritte, um das politische System und die Verfassung zu reformieren. Der Staatschef sprach sich auch für einen „Dialog mit allen Parteien“ aus.

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Mubarak forderte laut einem im Fernsehen vorgelesenen Brief an Premier Schafik: „Ich verlange von Ihnen, das Vertrauen in unsere Wirtschaft wiederherzustellen.“ Die staatlichen Subventionen sollten erhalten bleiben, die Inflation unter Kontrolle gebracht und Arbeitsplätze geschaffen werden. Darüber hinaus seien Schritte notwendig, um politische Reformen in der Verfassung und Gesetzgebung zu erzielen.

AP/Khalil Hamra

AP/Tara Todra Whitehill

ElBaradei ruft zum Wandel auf.

ElBaradei stellt Führungsanspruch

Der Friedensnobelpreisträger und Diplomat Mohamed ElBaradei erklärte sich unterdessen zum Wortführer der Opposition. Er habe das Mandat zu Verhandlungen mit dem Militär und dazu, eine Übergabe der Macht an eine Koalition der nationalen Einheit zu organisieren, sagte der ehemalige Chef der UNO-Atombehörde IAEA am Sonntag. „Der Wandel kommt in den nächsten Tagen“, rief ElBaradei den Tausenden Demonstranten in Kairo zu.

„Wir haben eine Forderung: das Ende des Regimes und der Anfang einer neue Stufe, eines neuen Ägyptens.“ Die Menschenmenge skandierte: „Das Volk will den Sturz des Regimes!“ ElBaradei mischte sich bei seiner Ansprache zwanglos unter die Soldaten auf dem Tahrir-Platz im Zentrum Kairo, die trotz der Verletzung der Ausgangssperre das Geschehen tatenlos beobachteten.

Mubarak telefonierte mit Obama

Die staatliche Nachrichtenagentur MENA berichtete zudem, dass Mubarak in einem Telefongespräch mit US-Präsident Obama über politische Reformen gesprochen habe. Der seit 30 Jahren herrschende Mubarak gehört zu den wichtigsten Partnern der USA im Nahen Osten und gilt als stabile Stütze der Bemühungen um Frieden mit Israel.

Obama rief zu einem friedlichen „Übergang“ in Ägypten auf. Wie sein Sprecher Robert Gibbs am Sonntag mitteilte, erörterte der US-Präsident die Lage am Wochenende per Telefon mit den Führungen der Türkei, Israels, Saudi-Arabiens und Großbritanniens. Dabei habe er zum Ausdruck gebracht, dass die USA „einen geordneten Übergang zu einer Regierung“ unterstützten, „die auf die Bestrebungen des ägyptischen Volkes eingeht“. Ähnlich hatte sich zuvor auch US-Außenministerin Hillary Clinton in einer Reihe von Fernsehinterviews geäußert. Der Frage, ob sich die USA von Mubarak zu distanzieren begännen, wich sie aus.

Israel fordert Unterstützung für Mubarak

Israel forderte die USA und mehrere europäische Länder einem Bericht zufolge in einer geheimen Mitteilung zur Unterstützung der Regierung Mubarak auf. Es sei „im Interesse des Westens“ und des „gesamten Nahen Ostens, die Stabilität des ägyptischen Regimes aufrechtzuerhalten“, zitierte die israelische Tageszeitung „Hareetz“ am Montag aus der Mitteilung.

Die Zeitung berief sich dabei auf israelische Regierungsvertreter. „Folglich muss jegliche öffentliche Kritik an Präsident Hosni Mubarak gebremst werden“, hieß es demnach in dem Schreiben, über das auch der israelische Militärrundfunk berichtete. Die Mitteilung wurde demnach Ende vergangener Woche übermittelt.

„Relevanz der Stabilität Ägyptens“

„Hareetz“ zufolge schickte das israelische Außenministerium auch entsprechende Anweisungen an rund ein Dutzend seiner Botschaften in den USA, Kanada, China und mehreren europäischen Ländern. Die dortigen Diplomaten sollen demnach gegenüber ihren Gesprächspartnern stets auf die „Relevanz der Stabilität Ägyptens“ hinweisen. Ein Sprecher des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu wollte die Informationen auf Anfrage weder bestätigen noch dementieren. Das israelische Außenministerium war für eine Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen.

Israel hielt sich mit Reaktionen auf die Welle der Gewalt und regierungskritischen Proteste in Ägypten bisher eher zurück. Netanjahu forderte von seinen Ministern, von öffentlichen Äußerungen abzusehen. Er selbst sagte am Sonntag, Israel sei es daran gelegen, den Frieden mit Ägypten zu erhalten. Ägypten hatte mit Israel 1979 einen Friedensvertrag abgeschlossen und war damit das erste arabische Land überhaupt, das einen solchen Schritt unternahm.

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