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Bereit für Regierungsverantwortung

Der ägyptische Oppositionelle und Friedensnobelpreisträger Mohamed ElBaradei ist am Donnerstagabend in Kairo eingetroffen. Der frühere Chef der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEA) will sich an die Seite der Demonstranten stellen. Er hat sich nach einem Bericht des Fernsehsenders Al-Arabija bereiterklärt, unter bestimmten Umständen eine Übergangsregierung zu führen.

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Bei seiner Ankunft wies ElBaradei kritische Fragen zurück, warum er erst nach tagelangen Protesten mit mehreren Toten nach Ägypten zurückkehre. „Es ist ein Prozess“, sagte er. Ägypten stehe an einem Scheideweg. „Eine Hand ist ausgestreckt, aber die Führung muss verstehen, dass Wandel absolut notwendig ist.“ Es gebe keinen Weg zurück.

Galionsfigur oder Verräter?

„Wenn die Menschen, vor allem die jungen Menschen, möchten, dass ich den Übergang anführe, werde ich sie nicht hängen lassen“, sagte ElBaradei auf dem Wiener Flughafen vor Journalisten vor seinem Flug nach Kairo. Wichtig sei aber ein „friedlicher Wechsel“, betonte er.

Der angesehene Diplomat könnte die Galionsfigur werden, um die sich die Protestbewegung schart. Allerdings halten sich Zweifel, wie ernst es ihm mit seinem Engagement ist. ElBaradei sei zu oft weg, habe zu lange im Ausland gelebt und daher womöglich kein echtes Verständnis für den Alltag in Ägypten, argwöhnen Kritiker. Manche vermuten gar, er könnte mit dem Regime gewissermaßen unter einer Decke stecken und als Feigenblatt für Präsident Hosni Mubarak agieren.

Massenproteste am Freitag

Die Opposition hat für diesen Freitag zu Massenkundgebungen in Kairo und anderen Städten aufgerufen. ElBaradei rief zu friedlichen Protesten auf. Der Diplomat sagte: „Ich hoffe, die Regierung tut das Gleiche.“ Er forderte die Behörden auf, keine Demonstranten mehr festzunehmen und zu foltern. Seit Dienstag gab es mindestens sieben Tote, etwa 1.000 Menschen wurden festgenommen.

Sicherheitskräfte sollen für Freitagmittag Gebete in den meisten Moscheen im Zentrum von Kairo sowie in größeren Moscheen im Land verboten haben, um Versammlungen von Demonstranten zu verhindern, berichtete die Website Akher al-Akhbar.

Spekulationen über Flucht zurückgewiesen

Ägyptische Behörden haben unterdessen am Donnerstag Berichte über eine Flucht des Sohns des unter Druck stehenden Präsidenten Mubarak aus dem Land zurückgewiesen. Gamal Mubarak habe in der Früh an einem Treffen der Regierungspartei RCD teilgenommen, sagte ein hochrangiges Parteimitglied der Nachrichtenagentur Reuters.

Der Sender CNBC hatte über eine Flucht Gamals Mubaraks berichtet. Im Internet hieß es auf mehreren Websites, er habe sich nach London abgesetzt. Viele Ägypter gehen davon aus, dass der 82-jährige Hosni Mubarak seinen Sohn zu seinem Nachfolger machen will.

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