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Drei Dimensionen für ein Halleluja

Mit seiner neuen 3-D-fähigen Spielekonsole 3DS will der Videospielhersteller Nintendo der wachsenden Bedrohung durch Smartphones Paroli bieten. Das könnte schwierig werden, denn auch wenn der 3-D-Effekt auf dem Gerät funktioniert - ein zwingender Grund zum Kauf ist 3-D auch beim 3DS nicht. Dabei bräuchte Nintendo dringend einen neuen Verkaufserfolg.

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Knapp 22 Jahre beherrscht Nintendo mit seinem Game Boy und dessen Nachfolger Nintendo DS die mobile Spielewelt, doch in letzter Zeit wird es enger. Marktforschern zufolge verlieren mobile Spielekonsolen wie der DS oder Sonys PlayStation Portable (PSP) zugunsten von Smartphones Marktanteile. Laut einer im November veröffentlichten Studie des US-Marktforschers Interpret haben Handys bereits 44 Prozent des mobilen Spielemarkts erobert, während DS und PSP im Vorjahresvergleich 13 Prozent verloren.

3DS in der Nahaufnahme

ORF.at/Nadja Igler

Nintendos 3DS durfte nur ohne Sicht auf den oberen Monitor fotografiert werden.

Vor allem Apples iOS-Geräte, also iPhone, iPad und besonders der iPod Touch, werden gerne zum Spielen unterwegs genutzt. Sie spülen Apple Milliarden an Gewinnen in die Kassen, während Nintendo am Quartalsende immer öfter rotsieht. Als Gegenmaßnahme setzt Nintendo, wie ein Großteil der Unterhaltungsindustrie, auf 3-D – nicht zum ersten Mal. Der Versuch mit dem Virtual Boy 1995 war zwar nicht von Erfolg gekrönt, diesmal sei jedoch die Technologie ausgereifter, sagte Laurent Fischer, Marketing- und PR-Verantwortlicher von Nintendo Europe, bei der Europa-Präsentation in Amsterdam.

Menschen schauen in Ausschnitte in einer Wand

ORF.at/Nadja Igler

Nintendo zeigte einige Spiele nur hinter Glas in einer langen Wand.

3-D nur in bestimmtem Winkel

Äußerlich hat sich der 3DS im Vergleich zum Vorgänger DS beziehungsweise DSi nicht grundlegend verändert. Der untere der beiden Monitore ist weiterhin ein berührungsempfindlicher Touchscreen, der obere ist um zehn Prozent gewachsen und kann nun autostereoskopisches 3-D darstellen. Das bedeutet, dass der 3-D-Effekt für den Nutzer gänzlich ohne Brille wahrnehmbar ist. Das funktionierte im Test ganz gut, allerdings nur in einem bestimmten Winkel, und zwar mit direktem Monitorblick von vorne.

Sobald Kopf oder Monitor leicht nach links oder rechts gedreht werden, verschwindet der Effekt beziehungsweise löst sich in einem Doppelbild auf. Bei schnellen und hektischen Spielen kann das zum Hindernis werden - und kaum jemand fährt wirklich in stoischer Ruhe etwa Autorennen. Der 3-D-Effekt lässt sich allerdings mit einem Schieberegler am Monitor selbst während des Spiels stufenlos einstellen und auch ganz abdrehen. Grundsätzlich lassen sich alle 3-D-Spiele in 2-D spielen, DS-Spiele sind ebenso nutzbar wie ältere Spiele für Game Boy und Game Boy Color, die nun über die neue Virtual Console heruntergeladen werden können.

Erst ab sieben Jahren

Neben einem zusätzlichen Schiebepad für eine präzisere Steuerung können Spiele auf dem 3DS mit Hilfe der integrierten Bewegungs- und Beschleunigungssensoren auch mittels Kippen und Drehen gesteuert werden. Im 3-D-Modus muss sich der Spieler dann allerdings mit dem Schirm mitbewegen, um den Fokus nicht zu verlieren. Zwar hat Nintendo es mit der Wii salonfähig gemacht, dass man beim Videospielen nicht wie angenagelt auf dem Sofa sitzen muss, bei mobilen Konsolen ist das allerdings ungewohnt.

Der 3-D-Effekt ist außerdem nichts für kleine Kinder, Nintendo selbst empfiehlt ihn erst ab sieben Jahren. Das minimiert die von Nintendo durch ein breites Spieleangebot, vom Egoshooter bis zum bekannten Klempnermaskottchen Mario, besonders großangelegte Zielgruppe des 3DS ein wenig. Auch sonst sollen Spieler bei der Nutzung von 3-D regelmäßig Pausen einlegen.

3-D aus Film und Fernsehen

Bei der Netzwerkfähigkeit hat Nintendo wie bei der Auflösung der Monitore aufgeholt und nachgebessert, beide sind allerdings nicht überragend. Über die neue Funktion SpotPass können die Geräte auch im Stand-by-Modus neue Inhalte empfangen, mittels StreetPass können Nutzer Daten wie ihre Spielfiguren (Mii) vollautomatisch miteinander austauschen. Außerdem sind nun drei Kameras verbaut: Mit den zwei außen können Bilder in 3-D aufgenommen werden.

Neben diesen Bildern und den Spielen sollen Film und Fernsehen in 3-D für Käufer sorgen. Eurosport soll Sportvideos in 3-D bereitstellen, Sky kurze Inhalte seines 3-D-Programms und das Animationsstudio Aardman wird einminütige Kurzfilme, natürlich in 3-D, mit Shaun dem Schaf exklusiv für Nintendos 3DS produzieren. Gespräche mit weiteren Inhalteanbietern sind im Gange.

Nintendo setzt alles auf eine Karte

Ob das alles nachhaltig gegen Apple & Co. reicht, wird sich zeigen. Eltern und Großeltern könnten sich angesichts der Warnungen vor 3-D für Kleinkinder auch bei älteren Kindern und Jugendlichen womöglich nur schwer überzeugen lassen, eine weitere Konsole fürs Kinderzimmer anzuschaffen.

Nintendos 3DS und iPhone 4 im Vergleich

ORF.at/Nadja Igler

IPhone 4 und 3DS im direkten Vergleich

Älteren Semestern könnte der 3-D-Effekt nicht perfekt genug sein – trotz aller sichtlichen Bemühungen wirkte 3-D bei den gezeigten Spielen dann doch mitunter künstlich, wenn auch sehenswert. Ob man das alle Tage will, ist die Frage. Es bleibt auch abzuwarten, wie die zusätzlichen Inhalte aussehen. Gut möglich, dass nach einem kurzen Hype 3-D wie bei Fernsehern einfach ein zusätzliches Feature, aber kein grundsätzlicher Kaufgrund für den 3DS ist.

Marketingmaschine voll im Gange

Nintendo überlässt nichts dem Zufall und wirft seine ganze Marketingmaschine an – bis zum Verkaufsstart am 25. März in Europa und dem 27. März in den USA soll der 3DS auf weltweiten Roadshows Interessierten näher gebracht werden. Bis dahin soll auch noch ein Preis folgen, der in Europa von den Händlern festgelegt werden soll. In den USA wird das Gerät 249 Dollar kosten. Bei der Präsentation am Mittwoch in Amsterdam waren Fotos vom 3-D-Schirm außerdem untersagt: Nintendo fürchtet, dass der 3-D-Effekt nicht richtig dargestellt wird und damit schlechte Publicity erzeugt wird. Entspannt ist irgendwie anders.

Nadja Igler, ORF.at

Link:

  • Nintendo 3DS(www.nintendo3ds.de)