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Leben in Wien und New York

Gertrude (genannt Trude) Fleischmann wurde am 22. Dezember 1895 in Wien geboren. Nach der Matura versuchte sie sich kurz an einem Kunststudium in Paris, das sie aber schnell wieder aufgab. Sie kehrte zurück nach Wien und absolvierte eine Ausbildung an der Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt in Wien, die erst kurz zuvor für Frauen geöffnet worden war.

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Danach begann sie eine weitere Ausbildung im renommierten Atelier D’Ora, das von Dora Kallmus geführt wurde. Weil ihre strenge Chefin mit ihrer Retuschearbeit unzufrieden war, wechselte Fleischmann schnell zum Atelier Schieberth.

Trude Fleischmann im Atelier, Wien 1929

Courtesy Fritsch Antiquariat, Wien

Trude Fleischmann mit ihrer Kamera im Atelier, Wien 1929

Bereits 1920, im Alter von 25 Jahren, eröffnete Fleischmann ihr eigenes Fotoatelier in der Nähe des Rathauses. Das dafür notwendige Kapital bekam sie von ihrer Familie zur Verfügung gestellt, der Vater war ein gut situierter Kaufmann.

Geschickte Werbung für Atelier

Fleischmanns Karriere als Gesellschaftsfotografin wies bereits kurz nach der Eröffnung ihres Ateliers steil nach oben: Innerhalb weniger Jahre war sie die wohl modernste Porträtistin Wiens. In ihrem Atelier empfing sie die Theaterprominenz der großen Wiener Bühnen: Schauspielerinnen und Tänzerinnen, Dirigenten und Sängerinnen. Die Fotografin war eine begnadete Netzwerkerin und schrieb aktiv Prominente an, um sie kostenlos abzulichten - als Gegenleistung konnte sie die Aufnahmen für Werbezwecke verwenden.

Berühmt wurde die Fotografin mit ihren Bewegungsstudien von Tänzerinnen, wobei die Bewegung im Studio für die Kamera simuliert wurde. Einen Höhepunkt ihrer Karriere erreichte sie mit den Fotos der Tänzerin Claire Bauroff, deren eingeölter, heller Körper stark kontrastierend vor einem schwarzen Hintergrund in Szene gesetzt wurde.

Flucht ins amerikanische Exil

Fleischmanns Karriere in Wien ging im März 1938 zu Ende. Am 3. September gelang der Jüdin die Flucht aus Österreich, im Gepäck hatte sie nur wenige Negative und Abzüge, ihre Kamera sowie ihr Studioalbum. Ihr Archiv hatte sie bis auf 100 bis 200 Negative, die sie ihrer Nachbarin übergab, zerstört.

Nach Zwischenstationen in Paris und London traf Fleischmann am 4. April 1939 in New York ein. Mit Hilfe ihrer Freundin Helen Post gelang es ihr, privat und beruflich relativ rasch Fuß zu fassen. 1940 eröffnete sie im Theaterdistrikt Manhattans ein Atelier und fotografierte wieder Künstler und Intellektuelle, darunter viele Emigranten.

Fotos für die „Vogue“

Sie arbeitete immer öfter im Freien, viele Porträts - etwa ihre berühmten Fotos von Albert Einstein und Arturo Toscanini - nahm sie außerhalb des Ateliers auf. Es entstanden Straßenszenen, Reisebilder, gelegentlich auch Modeaufnahmen für die „Vogue“. 1969 gab Fleischmann ihr New Yorker Atelier auf und zog ins schweizerische Lugano. 1988 kehrte sie in die USA zurück, 1990 starb sie in Brewster im Bundesstaat New York.

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