Themenüberblick

Es wurde kälter im Mongolenreich

Dschingis Khan hat durch seine Eroberungen einen großen Einfluss auf das Klima seiner Zeit gehabt. Zu diesem ungewöhnlichen Schluss kommt eine Studie, die vier historische Ereignisse und ihre Auswirkungen auf CO2-Emissionen untersucht hat.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

1206 begann Dschingis Khan mit seinen Truppen zu Pferde ein riesiges Weltreich aufzubauen, das mehr oder weniger das heutige Asien bis in den Nahen Osten und Teile Osteuropas umfasste. Der gewaltige Eroberungszug hatte maßgeblichen Einfluss auf das Klima, wie nun eine Studie unter der Leitung von Julia Pongratz vom Carnegie Institution’s Department of Global Ecology gemeinsam mit dem deutschen Max-Planck-Institut für Meteorologie feststellte.

Die Untersuchung wurde in dem Grundlagenforschungsmagazin „The Holocene“ veröffentlicht. Dschingis Khan und sein Reich, das rund zwei Jahrhunderte Bestand hatte, kühlten de facto die Erde, so die Conclusio, wie die Website Mongabay schreibt.

Weitere historische Ereignisse untersucht

Neben der Eroberung durch die Mongolen untersuchte die Forschergruppe unter Pongratz auch noch weitere Ereignisse des Mittelalters und der Neuzeit unter Klimagesichtspunkten: die große Pestepidemie in Europa (1347 bis 1400), die Eroberung Süd- und Mittelamerikas durch die Europäer (1519 bis 1700) und den Untergang der Ming-Dynastie in China (1600 bis 1650). Doch keines der drei historisch einschneidenden Geschehnisse hatte derartige Auswirkungen auf das Klima wie Dschingis Khan und sein Reich.

Es sei ein weitverbreiteter Irrtum, dass der menschliche Einfluss auf das Klima erst mit dem großen Verbrauch von Kohle und dem industriellen Zeitalter begann, so Pongratz. „Tatsächlich begannen Menschen vor Tausenden Jahren die Umwelt zu beeinflussen, indem sie die Vegetationsdecke der Landschaften änderten, als Wälder für Anbauflächen gerodet wurden“, so Pongratz.

Wiederbewaldung entvölkerter Landstriche

Doch wie konnte Dschingis Khan das Klima beeinflussen? „Die Erklärung wirkt so einfach“, so Pongratz: „Wiederbewaldung“. Bei ihrem Eroberungszug mit Hunderttausenden Toten durch Asien und Europa entvölkerten die Mongolen ganze Landstriche. Durch die geringere Population und durch die Nichtbestellung des Landes kam es zu einem rasanten Wildwuchs der Vegetation, die ob ihrer Dimensionen laut der Studie die Erderwärmung stoppte und sogar den Planeten abkühlte, eine Auswirkung, die bei den anderen untersuchten Perioden nicht oder nicht in dieser Dimension zu beobachten war.

Die wuchernde Vegetation band viel mehr CO2 aus der Atmosphäre. Die auf rund 700 Millionen Tonnen geschätzte Menge an absorbiertem CO2 als Resultat des Mongolenreiches ist ungefähr so groß, wie heute in einem Jahr durch den weltweiten Gebrauch von Erdöl ausgestoßen wird.

Zeit als weiterer Faktor

„Wir fanden, dass während relativ kurzer historischer Phasen wie etwa des Schwarzen Todes und des Untergangs des Ming-Reiches die Wiederbewaldung nicht groß genug war, um den Ausstoß von CO2 durch zersetzende Stoffe in der Erde aufzuwiegen“, so Pongratz weiter. Während der länger anhaltenden Phasen wie eben während des Mongolenreichs und der Eroberung Süd- und Mittelamerikas sei allerdings genug Zeit für die natürliche Wiederbewaldung gewesen, um beträchtliche Mengen von Kohlendioxid zu binden.

Pongratz sieht ihre Studie auch im Rahmen der aktuellen Diskussion über den Klimawandel. Sie warnt vor weiteren Rodungen. Mit dem heutigen Wissen, das man aus der Vergangenheit gelernt habe, könne man die Verwendung und Urbarmachung von Land besser einschätzen und so den menschlichen Einfluss auf das Klima verringern. Von einer Periode der absichtlichen Aufforstung sei man jedoch weit entfernt, denn zuerst müsse man die Rodungen einstellen, so die Forscherin.

Links: