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Hart an Grenze des Zumutbaren

Angesichts der Kritik an brutalen Schleifermethoden auf der „Gorch Fock“ hat das Zentrum für Innere Führung der deutschen Bundeswehr die Notwendigkeit militärischen Drills verteidigt. Die Grenze des Zumutbaren sei dabei „manchmal sehr schwer zu finden“, sagte ein Oberst. „Es muss eine militärische Notwendigkeit vorhanden sein, es muss eine Sinnhaftigkeit vorhanden sein.“

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„Drill um des Drills willen lehnen wir ab“, so Oberst Siegfried Morbe von der Koblenzer Militärbildungseinrichtung. Zu der von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) angekündigten Überprüfung der gesamten Bundeswehr auch auf fragwürdige Rituale sagte Morbe, es würden voraussichtlich auch Leute gefunden, die sich hart am Rande des guten Geschmacks und vielleicht sogar der Verletzung von Strafgesetzen bewegten. „Die Grenze ist dort, wo es gegen die Würde des Soldaten geht“, sagte Morbe.

Wehrbeauftragter beklagt Führungsschwächen

Der Wehrbeauftragte des Bundestags, Hellmut Königshaus (FDP), prangert in seinem Jahresbericht erhebliche Führungsschwächen bei der Bundeswehr an. Insbesondere unerfahrenen Vorgesetzten fehle es „an Wissen und Gespür dafür, wann die Grenzen zum Dienstvergehen beziehungsweise zur Straftat überschritten werden“. Rüde Umgangsformen und herabmindernde Äußerungen würden oft nicht als unangebracht erkannt.

„Oft gehen beleidigende Äußerungen mit anderen schwerwiegenden Pflichtverletzungen einher“, so Königshaus. Er bekräftigte in dem Bericht auch seine Kritik an Ausrüstungsmängeln bei der Bundeswehr in Afghanistan und unzureichender Ausbildung. An die Adresse Guttenbergs gerichtet warnte er in der „Passauer Neuen Presse“ (Dienstag-Ausgabe) aber vor einem Generalverdacht gegen die Truppe. „Dafür sehe ich auch keinen Anlass“, sagte Königshaus.

Bessere Informationspolitik gefordert

Der stellvertretende Unionsfraktionschef Andreas Schockenhoff (CDU) forderte unterdessen eine bessere Informationspolitik über Missstände und Schwierigkeiten der Truppe. „Die Fakten müssen transparent und zugänglich sein. Nur so kann in einer Demokratie auch öffentlich mit solchen Problemen umgegangen werden“, sagte Schockenhoff und betonte, Guttenberg habe das volle Vertrauen der Fraktion. Der Minister verheimliche nichts bei der Aufklärung der geöffneten Feldpost von Soldaten, dem Tod eines jungen Soldaten in Afghanistan und des Drills auf dem Segelschulschiff „Gorch Fock“.

Dass die Bundeswehr wochenlang über den Tod des Soldaten in Afghanistan im Dezember nicht umfassend berichtete, obwohl der Minister bereits kurz nach dem Unglück die Beteiligung eines Kameraden deutlich gemacht habe, nannte Schockenhoff eine „ärgerliche Informationspanne“. Hier müsse mehr „Sensibilität“ entwickelt werden. Die Opposition hält die von Guttenberg angeordnete Absetzung des Kapitäns der „Gorch Fock“ für überstürzt, Grüne und Linke wollen gegebenenfalls einen Untersuchungsausschuss einschalten.

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