Alkohol, Todesdrohungen und Sex
An Bord des deutschen Schulschiffes „Gorch Fock“ soll es einem Untersuchungsbericht zufolge immer wieder Exzesse gegeben haben. Von massivem Alkoholmissbrauch ist die Rede, von Todesdrohungen und sexuellen Übergriffen. Außerdem soll der Großteil der Kadetten für die Aufgaben ungeeignet gewesen sein.
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Beschwerden gibt es dem Bericht zufolge vor allem gegenüber der Stammbesatzung. Mehrere der auszubildenden Offiziersanwärter hätten sich bei dem Untersuchungsteam unter dem Wehrbeauftragten Hellmut Königshaus (FDP) darüber beklagt, dass sich die Schiffsmannschaft hemmungslos betrank, dass Offiziersanwärter das Erbrochene von Deck schrubben mussten und dass ein Besatzungsmitglied ihnen im Rausch sogar mit dem Tod gedroht habe.
Vor dem Unfall auf der „Gorch Fock“ hatte es laut Königshaus aber keine Anzeichen für große Probleme bei der Besatzung gegeben, „jedenfalls keine Auffälligkeiten, die man besonders hätte berichten müssen“. Er habe bei einem Besuch zwar Kritik von den Offiziersanwärtern gehört, aber nicht so massiv, wie sie nun geäußert werde.
Sexuelle Nötigung unter der Dusche
Ein betrunkener Ausbildner soll demnach in der Nacht in den Schlafraum der Kadetten gekommen sein und gelallt haben, „dass er Offiziersanwärter hasse und sie töten würde“. Ein Kadett erhob gegenüber dem Königshaus-Team auch den Vorwurf der sexuellen Nötigung gegen die Stammbesatzung. Mehrere Männer sollen ihn in der Dusche angesprochen haben: Es sei „auf dem Schiff ähnlich wie im Knast, jeder Neue müsse seinen Arsch hinhalten“.
Daraufhin hätten sie eine Shampooflasche auf den Boden geworfen und ihn aufgefordert, sich danach zu bücken. Sie hätten dem Offiziersanwärter außerdem gedroht, Mitglieder der „Aryan Brotherhood“ zu sein. Diese rassistisch ausgerichtete Gruppe hat in den USA ein Netzwerk in Gefängnissen und ist für Morde, Erpressung und illegalen Drogenhandel verantwortlich.
Immer wieder Orkane angesteuert
Der inzwischen abberufenen Kapitän Norbert Schatz selbst sei „besonders häufig in Badehose gesehen worden“ und habe ansonsten nur Pflichttermine wahrgenommen. Ein früheres Mitglied der Stammbesatzung warf ihm auch Verstöße gegen übliche seemännische Verhaltensregeln vor. Kommandant Schatz habe mit dem Segelschiff ohne Not immer wieder Orkane ansteuern lassen. „Dabei sind mehrere Segel gerissen“, so der namentlich nicht genannte Mann.
Karnevalsfeier nach Tod der Kadettin
Die „Financial Times Deutschland“ („FTD“) berichtete unter Berufung auf die Protokolle der Befragung an der Marineschule Mürwik bei Flensburg, die Offiziersanwärter hätten übereinstimmend ausgesagt, sie seien vor dem Tod ihrer Kameradin Anfang November nicht darüber informiert worden, dass das Aufentern in die Takelage freiwillig sei. Erst nach dem tödlichen Sturz der Frau habe der inzwischen abgesetzte Schatz darauf hingewiesen. Die Offiziersanwärter empfanden es zudem als unpassend, dass die Besatzung kurz nach dem Tod „zur Tagesordnung überging“ und heftig und lautstark Karneval feierte.
„Einige Dinge nicht in Ordnung“
Der Wehrbeauftragte Königshaus wollte sich zu den neuen Details zunächst nicht äußern, sagte aber: „Es sind einige Dinge, die nicht in Ordnung sind. Das muss man ganz klar sagen.“ Königshaus warf die Frage auf, ob Kadetten ausreichend auf ihren Einsatz auf der „Gorch Fock“ vorbereitet werden. Nach Aussagen der Schiffsführung sei ein Großteil der Besatzung bei der Ankunft körperlich noch ungeeignet, die Aufgaben auf dem Segelschulschiff wahrzunehmen.
Auf einem Schiff wie der „Gorch Fock“ gehe es darum, dass sich junge Soldaten an die „rauen Bedingungen“ auf See gewöhnen. „Die räumliche Enge zum Beispiel, auf die körperliche Anspannung, auf die Notwendigkeit, unter besonderem Druck immer wieder richtig zu reagieren“, sagte Königshaus. „Natürlich wird das nicht jedem behagen, und nicht jeder wird dazu geeignet sein.“
Müssen Frauen siebenmal auf- und abentern?
Es gelte zu prüfen, ob die Schiffsführung in Einzelfällen richtig entscheide, etwa, ob Anfänger und Menschen mit klimatischen Problemen wie „das junge Mädchen siebenmal auf- und abentern“ müssen. In dem Bericht gibt Königshaus einen Überblick über Probleme, die er in den vergangenen Monaten bei Truppenbesuchen festgestellt hat und die ihm von Soldaten mitgeteilt wurden. „Bei der Sicherheit muss absolute Priorität herrschen, und zwar für alle“, so Königshaus.
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