Auch hochrangige Paten verhaftet
Ermittlern in den USA ist ein massiver Schlag gegen die Mafia geglückt. In einer Serie von Razzien in New York und umliegenden Bundesstaaten wurden rund 130 mutmaßliche Mafiosi festgenommen, teilte ein Justizsprecher am Donnerstag mit. Unter den Festgenommenen sind Bosse der Cosa Nostra ebenso wie einfache Mitglieder. Die Vorwürfe reichen von Drogenhandel bis hin zum Mord.
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Unter den Festgenommenen befinden sich Mitglieder aller fünf großen New Yorker Mafia-Clans, zudem auch Mafiosi von Familien aus New England und New Jersey. Insgesamt seien dem FBI und New Yorker Polizisten sechs hochrangige Paten ins Netz gegangen, darunter auch die gesamte Führung des Colombo-Clans, inklusive des derzeitigen Bosses der Familie, der im Bundesstaat Rhode Island lebt, berichtete die „New York Times“. Die Festgenommenen wurden zunächst auf ein Gefängnisschiff in Fort Hamilton vor der Küste New Yorks gebracht.
Lange Liste an Anklagepunkten
US-Justizminister Eric Holder bezeichnete die Aktion als „den größten eintägigen Einsatz gegen die Mafia in der Geschichte des FBI“. Mehr als 800 Beamte seien im Einsatz gewesen, um insgesamt 127 Verdächtige festzunehmen. Medien sprechen vom größten Schlag gegen die Mafia in der Geschichte New Yorks.

APTN
Große und kleine Fische im Netz der Mafia-Jäger
Die Vorwürfe lesen sich wie das Inhaltsverzeichnis des Strafgesetzbuches: illegales Glücksspiel, Erpressung, organisierte Kriminalität, Geldwäsche, Drogenhandel, Brandstiftung sowie Mord in fünf Fällen. Andere Vergehen beträfen Wirtschaftsverbrechen, vor allem im Bau- und Hafengewerbe. Die Delikte sollen teilweise jahrzehntelang begangen worden sein.
„Sinnlose Morde“
Einige der Festgenommenen müssten sich wegen „sinnloser Morde“ verantworten, kündigte der Minister an. So seien zwei Menschen in einer Kneipe allein wegen des Streits um ein verschüttetes Getränk erschossen worden. In einem anderen Fall hätten Mafiosi das Opfer eines fehlgeschlagenen Raubüberfalls kaltblütig getötet. Daneben habe es „klassische“ Mafia-Morde wie die „Eliminierung von Rivalen“ gegeben, sagte Holder.
Ein Leben in der Mafia
Exemplarisch veröffentlichte die Staatsanwaltschaft den Fall von Joseph Watts, der ebenfalls verhaftet worden war. Weil er keine italienischen Wurzeln habe, stieg Watts nie bis ganz nach oben in der Cosa Nostra auf, er habe es aber bis zum „Capo“ gebracht. Als solcher Unterführer habe ihn der damalige Chef der Gambino-Familie 1989 mit dem Mord an dem verhafteten Mafia-Mann Frederick Weiss beauftragt, weil der offenbar mit der Justiz zusammenarbeitete.
Watts heuerte ein Mordteam an und kümmerte sich sogar um den Aushub eines Grabes, in dem das Opfer verscharrt werden sollte. Er wartete mit einer Waffe in einer Garage, doch Weiss kam nicht. Dafür wurde der mutmaßliche Überläufer am nächsten Tag von einem anderen „Hit Team“ erschossen. Watts hat der Staatsanwaltschaft zufolge jetzt gestanden, an dem versuchten Mord beteiligt gewesen zu sein.
Schweigekodex öfter gebrochen
Die Mafia-Familien der italienischstämmigen Cosa Nostra hatten in der Vergangenheit beträchtliche Teile der Wirtschaft in New York und Umgebung infiltriert. In den vergangenen Jahren hatten sie aber an Einfluss verloren.
Ermittlern gelang es häufiger als früher, Mitglieder zu Zeugenaussagen zu bewegen und so den ehernen Schweigekodex der Mafia zu brechen. Dadurch gelang die Verurteilung hochrangiger Mafiosi, die vorher immer wieder der Justiz entkommen waren. An die Stelle der New Yorker Mafia traten zuletzt zum Teil organisierte Gangs russischer, mexikanischer und asiatischer Herkunft.
„Die fünf Familien“
Die New Yorker Mafia ist im Wesentlichen durch die „großen fünf Familien“ charakterisiert. Gegen den Gambino-Clan waren die US-Behörden erst im Frühjahr 2010 vorgegangen. Damals waren 13 mutmaßliche, teils hochrangige Mitglieder der Familie, die auch als Vorbild der TV-Serie „Sopranos“ gilt, verhaftet worden. Die Genovese-Familie stand zuletzt 2006 im Visier der Behörden, als 32 Mitglieder angeklagt wurden.
Vom Lucchese-Clan hörte man zuletzt weniger. 2009 wurden allerdings zwei frühere Beamte der New Yorker Polizei, die jahrelang als Berufskiller für die Familie unterwegs waren, zu lebenslanger Haft verurteilt. Bereits 2004 war Joseph „Big Joey“ Massino, der Kopf des Bonanno-Clans, wegen sieben Morden angeklagt worden. Vergangene Woche wurde John „Sonny“ Franzese, ein Unterboss der Colombo-Familie, 93-jährig wegen Schutzgelderpressung zu acht Jahren Gefängnis verurteilt. Franzese soll sich laut FBI damit gebrüstet haben, über die Jahre 60 Menschen umgebracht zu haben.
Der DeCavalcante-Clan in New Jersey und die Patriarca-Familie in New England, bei denen es ebenfalls Verhaftungen gab, tauchen hingegen sehr selten in den Medien auf.
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