Kampagne gegen Ex-Dissidenten in Ungarn
Regierungsnahe Medien haben in Ungarn eine Kampagne gegen Wissenschaftler gestartet, die als liberal gelten. Etliche von ihnen hatten sich als Dissidenten unter dem Kommunismus auch im Ausland einen Ruf erworben. Die Tageszeitung „Magyar Nemzet“, deren Besitzer Gefolgsleute des rechtskonservativen Ministerpräsidenten Viktor Orban sind, behauptete in ihrer Samstag-Ausgabe, die betroffenen Intellektuellen hätten staatliche Fördergelder zweckentfremdet ausgegeben.
Unter den Angegriffenen sind die Philosophin Agnes Heller, der Philosoph Mihaly Vajda und der Literaturwissenschaftler Sandor Radnoti. Als kritische Wissenschaftler waren sie im Kommunismus Repressalien ausgesetzt gewesen. Einige von ihnen sind heute scharfe Kritiker Orbans und der populistischen Rechten in Ungarn.
Am Tag zuvor hatten 70 Bürgerrechtler aus ganz Europa in einem offenen Brief gegen den Demokratieabbau in Ungarn protestiert. Unter den Unterzeichnern sind der tschechische Ex-Präsident Vaclav Havel, der polnische Publizist Adam Michnik und der ehemalige DDR-Dissident Wolfgang Templin.
EU-Parlament will schnelle Prüfung von Mediengesetz
Im Europäischen Parlament wächst der Druck auf die EU-Kommission, schnell über das umstrittene neue Mediengesetz in Ungarn zu entscheiden. Der Chef der liberalen Fraktion, Guy Verhofstadt, sagte dem Magazin „Focus“: „Hier geht es um fundamentale Rechte. Dafür kann die Kommission sich nicht monatelang Zeit lassen, sondern muss zügig handeln.“ Nach Angaben der Kommission könnte die Prüfung des Gesetzes bis März dauern.
Einlenken mit großem Aber
Nach einem Treffen von EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Durao Barroso mit Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban hat Orban grundsätzliche Bereitschaft zu Änderungen des umstrittenen ungarischen Mediengesetzes signalisiert. Man werde Änderungen „erwägen“, wenn die „rechtliche Bewertung der EU“ feststelle, dass das Gesetz gegen EU-Recht verstoße. Die Chance auf eine tatsächliche inhaltliche Änderung des Gesetzes scheint jedoch gering, zeigte sich Orban doch sicher, „dass sie (die EU, Anm.) das nicht sagen werden“.
Mehr dazu in Barroso: Pressefreiheit „heiliges Prinzip“