Übergriffe und Anfeindungen nehmen zu
Millionen Christen werden weltweit wegen ihres Glaubens verfolgt, wie das Hilfswerk Open Doors in einem Bericht festhielt. Mancherorts setzt der Staat Gewalt gegen Christen ein, in anderen Ländern erwächst der Hass aus der Gesellschaft. Immer wieder kommt es zu Vertreibungen und Übergriffen. Der Anschlag vor einer koptischen Kirche in Ägypten ist kein Einzelfall.
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Vor allem der vom früheren US-Präsidenten George W. Bush propagierte „Kreuzzug“ gegen Terroristen im Irak habe den Christen in der Region allergrößten Schaden zugefügt und es ihnen schwerer gemacht, sich im täglichen Leben zu ihrem Glauben zu bekennen, wie der griechisch-katholische (melkitische) Erzbischof von Akko, Elias Chacour, mehrmals betont hat. Viele fühlen sich von Europa und Amerika im Stich gelassen.
Irak: Zehntausende Christen flohen
Seit der US-Invasion im Irak vor sieben Jahren ist die Lage der Christen nahezu unerträglich geworden. Vor dem Krieg lebten bis zu einer Million Christen im Zweistromland, die Mehrheit von ihnen Chaldäer. Unter dem säkularen Baath-Regime waren sie in ihrer Religionsausübung geschützt. Seit dem Sturz von Diktator Saddam Hussein sind mehr als die Hälfte der Christen geflohen. Dutzende Geistliche kamen bei Mordanschlägen ums Leben, darunter auch der chaldäisch-katholische Erzbischof von Mossul, Paulos Faradsch Rahho, dessen Leiche auf einer Müllhalde gefunden wurde.

APA/Margret Schmitt
Die Konfliktherde sind weit gestreut.
Ähnlich schwierig ist die Lage für Christen in Saudi-Arabien. Viele von ihnen sind Gastarbeiter aus den Philippinen, denen jede religiöse Betätigung strengstens verboten ist. Nach der wahhabitischen Staatsdoktrin ist auf der arabischen Halbinsel wegen der dortigen islamischen Heiligtümer jede andere Religion untersagt.
Ägypten: Koptenpapst in der Verbannung
Durch die jüngsten Anschläge ins Blickfeld gerückt ist die Situation der koptischen Christen in Ägypten. Ihr Anteil an der Bevölkerung beträgt rund zehn Prozent. Ihre religiösen Vertreter waren immer wieder Gewalt ausgesetzt. So war der Koptenpapst Shenouda III. unter dem früheren Staatschef Anwar Sadat jahrelang in das Wüstenkloster Deir Amba Bishoi verbannt worden. In den vergangenen Jahren wurde vonseiten fanatischer Islamisten immer wieder Gewalt und Hass gegen die Minderheit geschürt. Die Drahtzieher verschiedener Anschläge saßen, wie sich herausstellte, in höchsten politischen Kreisen.
Doch immer öfter sehen Christen keinen anderen Ausweg als die Flucht aus ihren Herkunftsländern. In Israel und Palästina machen die überwiegend arabischen Christen nur noch zwei Prozent aus. Im Libanon, wo die christlichen Maroniten die Mehrheit stellen, verließen nach der israelischen Militäroffensive 2006 Zehntausende das Land.
Tote bei Ausschreitungen in Pakistan
Besonders schlecht steht es auch um die Christen in Pakistan. Dort ist es per Gesetz und unter Androhung der Todesstrafe verboten, abfällige Bemerkungen über den Islam zu machen. Immer wieder kamen in den vergangenen Jahren bei Ausschreitungen Menschen ums Leben. So verbrannten 2009 sieben Christen, nachdem eine durch Berichte über Koran-Schändungen aufgehetzte Menge 40 Häuser und eine Kirche in der Stadt Gojra in Brand gesteckt hatte.
Ähnlich stellt sich die Situation in Afghanistan, Somalia, Eritrea und Nigeria dar. Zahlreiche Opfer haben im indischen Unionsstaat Orissa organisierte Ausschreitungen gegen Christen gefordert. Auch in Indonesien, dem bevölkerungsreichsten islamischen Staat, klagen Christen zunehmend über Einschränkung ihrer Rechte und Angriffe radikaler Muslime gegen Kirchen.
Nordkoreanische Christen in Arbeitslagern
Mit Abstand am schlimmsten, schreibt das Hilfswerk Open Doors in seinem Anfang 2010 erschienenen „Weltverfolgungsindex“, werden Christen jedoch in Nordkorea verfolgt. Das kommunistische Regime gehe gegen Mitglieder von Untergrundgemeinden, denen nach Schätzungen etwa 200.000 Menschen angehören, „mit Verhaftungen, Arbeitslagerstrafen für die gesamte Familie eines entdeckten Christen oder Hinrichtungen vor“. 70.000 nordkoreanische Christen seien in Lagern gefangen.
Christen in der Türkei ohne Rechtsstatus
Selbst beim EU-Beitrittskandidat Türkei hat sich die Situation der Christen durch das Erstarken islamisch-fundamentalistischer Kräfte im Land verschlechtert. Die christlichen Kirchen sind ohne Rechtsstatus und müssen vielfältige Schikanen erdulden. Das Ökumenische Patriarchat, geistliches Zentrum der Weltorthodoxie, im Phanar am Goldenen Horn in Istanbul darf seit 1970 keinen Priesternachwuchs ausbilden.
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