Abfallprodukt von Biodieselanlage
Bei immer mehr Höfen und Betrieben in Deutschland wird mit Dioxin belastetes Futter gefunden. Während das Ausmaß des Skandals laut Behörden weiter nicht abzuschätzen ist, werden immer mehr landwirtschaftliche Betriebe in Deutschland vorsorglich gesperrt.
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Besonders betroffen von dieser Maßnahme ist das Bundesland Niedersachsen, wo rund 1.000 landwirtschaftliche Betriebe geschlossen wurden. Die gesperrten Betriebe sollen mit Dioxin belastetes Futterfett bezogen haben. Ein Sprecher des Agrarministeriums in Hannover sagte: „Wir legen erst mal alles still. Der Verbraucherschutz geht vor.“
52 Tonnen verseuchtes Futter in Thüringen
Am Montag wurde im deutschen Bundesland Thüringen unterdessen ein weiterer Fall von dioxinverseuchtem Futtermittel bekannt. Eine Schweinezuchtanlage soll nach Angaben des Gesundheitsministeriums in Erfurt 52 Tonnen belastetes Futter von einem Werk aus Sachsen-Anhalt bekommen haben. Ob die Lieferung schon verfüttert wurde, stand zunächst nicht fest. Das niedersächsische Agrarministerium rechnete mit weiteren Funden.
8.000 Hühner getötet
In Nordrhein-Westfalen wurden 8.000 Legehennen getötet, die mit Dioxin verseuchtes Futter gefressen hatten. Die Tiere einer Hühnerfarm im Kreis Soest sollten nach Auskunft des Kreisveterinärs Wilfried Hopp verbrannt werden. Er rechnet damit, dass etwa 120.000 dioxinbelastete Eier des Betriebs in den Verkauf gelangt sind. „Wir bekommen noch einige Tausend aus dem Handel zurück.“
Die Anlage mit rund 80.000 Legehennen wurde bereits am 23. Dezember gesperrt. Bei einem Teil der Eier waren vierfach überhöhte Dioxinwerte gemessen worden. Insgesamt 14 Betriebe in Nordrhein-Westfalen und 20 in Niedersachsen dürfen weder Eier noch Fleisch ausliefern, weil sie belastetes Futter verwendet haben sollen. Die belasteten Eier müssten unter Umständen in Tierkörperverwertungsanlagen beseitigt werden, sagte der Vorsitzende des Landesverbandes der niedersächsischen Geflügelwirtschaft, Wilhelm Hoffrogge. Vorsorglich gesperrt wurde am Montag zudem ein Schweineaufzuchtbetrieb in Brandenburg.
Staatsanwalt ermittelt
Eine mögliche Spur führt offenbar zu einem holländischen Händler. Dieser soll einem Futtermittelhersteller in Schleswig-Holstein belastete Fettsäure geliefert haben, die zu Futtermittel verarbeitet wurde. Die zuständige Staatsanwaltschaft nahm in der Causa bereits Ermittlungen auf.

dapd/Focke Strangmann
Die mit Dioxin belasteten Mischfette stammen offenbar von einer Biodieselanlage.
Die mit Dioxin belasteten Mischfette sollen ursprünglich von einem Hersteller von Biodiesel und Pflanzenöl in Niedersachsen stammen. Der betroffene Händler soll dort pflanzliche Mischfettsäure erworben haben, die bei der Herstellung von Biodiesel aus Palm-, Soja- und Rapsöl entstehe. Das betroffene Unternehmen betonte per Aussendung, dass die an den niederländischen Händler gelieferte Fettsäure allein zur technischen Verwendung und nicht für die Produktion von Viehfutter bestimmt gewesen sei.
„Für Schmiermittel geeignet“
Auch das deutsche Amt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit geht mittlerweile davon aus, dass technische Mischfettsäure die Quelle der Dioxinverseuchung ist. Ein Sprecher der Behörde sagte dem „Westfalen-Blatt“ (Dienstagausgabe), durch die richtige Kennzeichnung sei klar gewesen, dass die Ware nur für die technische Industrie, etwa zur Herstellung von Schmiermitteln, geeignet gewesen sei. Dennoch wurde die Fettsäure offenbar zur Herstellung von Futterfett verwendet.
527 Tonnen des Futterfetts seien dann an sieben Futtermittelbetriebe in Niedersachsen, drei Futtermittelhersteller in Nordrhein-Westfalen und jeweils einen Hersteller in Hamburg und Sachsen-Anhalt geliefert worden. Diese zwölf Hersteller hätten Höfe unter anderem in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Thüringen, Sachsen und Brandenburg beliefert.
Behörde sieht bisher keine Gesundheitsgefahr
Das deutsche Institut für Risikobewertung (BfR) sieht nach den Dioxinfunden in Futtermitteln bisher keine Gefahren für Verbraucher. „Eine akute Gesundheitsgefahr besteht nicht“, sagte ein Sprecher der dpa. Er berief sich auf die Ergebnisse von vier untersuchten Eiern. Bei einmaligem Verzehr sei nicht mit Gefahren für die Gesundheit zu rechnen.
Das deutsche Landwirtschaftsministerium drängt unterdessen auf größtmögliche Sicherheit für Verbraucher. „Entscheidend ist, dass verunreinigtes Futter sichergestellt wird und belastete Produkte nicht in den Handel gelangen“, teilte ein Ministeriumssprecher in Berlin mit.
Österreich bisher nicht betroffen
Österreich ist laut der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) derzeit nicht vom Dioxinskandal in Deutschland betroffen. Nach vorläufigem Wissensstand und mit Verweis auf das europäische Schnellwarnsystem sei demnach nicht davon auszugehen, dass auch heimische Produkte verunreinigt sind.
Weder betreffend Lebensmittel noch Futtermittel sei bisher eine Warnung eingelangt, sagte AGES-Sprecherin Elisabeth Publig der APA. Sie verwies auf Meldungen vom Frühjahr 2010, als ebenfalls in Deutschland Dioxin in Futtermitteln entdeckt worden war, das aus den Niederlanden zugeliefert worden war und aus der Ukraine stammte. Auch damals sei Österreich nicht betroffen gewesen.
Die AGES überprüft regelmäßig stichprobenartig Lebens- und Futtermittel auf Dioxin. Bei Futtermitteln wurden in den Jahren 2002 bis 2009 zwölfmal erhöhte Werte bei 517 untersuchten Proben gefunden.
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