Themenüberblick

Dezember hui, Jänner pfui?

Der heimische Börsenleitindex ATX beschließt das Jahr mit einem Plus von 16,39 Prozent (2.904,47 Punkte). Die Wiener Börse machte damit wie bereits 2009 erneut einen Teil des durch die Finanzkrise verlorenen Bodens gut. Einen vergleichbaren Stand wies der ATX vor fünf Jahren im Juni 2005 und knapp nach der Lehman-Pleite Ende September 2008 auf.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Nach der Lehman-Pleite ging es dann steil bergab. Einen Großteil des Absturzes machte die Wiener Börse allerdings noch 2009 wett: Damals betrug das Plus 43 Prozent. Bis zum ATX-Allzeithoch von 4.982 Punkten Mitte 2007 ist allerdings auch jetzt noch viel Platz. Außerdem dürfte der Jahresbeginn an der Börse weit weniger rosig ausfallen als der 2010er-Endspurt.

Vorgezogene Investitionen wegen neuer Steuern

Dass die Wiener Bilanz so positiv ausfällt, ist einem außerordentlich guten Handelsverlauf im Dezember zu verdanken. Das lag wiederum an der heimischen Bundespolitik: Mit dem neuen Jahr wird auch auf Wertpapiere Kapitalertragssteuer eingehoben. Zweifellos haben viele Anleger ihre Investitionen damit nur steuerschonend vorgezogen. Die Jänner-Bilanz der Börse werde dementsprechend „ruppig“ ausfallen, vermutete auch das „WirtschaftsBlatt“ in seiner Donnerstag-Ausgabe.

Im internationalen Vergleich nimmt der Anstieg des Wiener Leitindex jedenfalls nun eine Spitzenposition ein. Der DAX der Frankfurter Börse verbesserte sich um 16 Prozent, der Dow Jones Industrial der New Yorker Börse und die Londoner Börse stiegen jeweils um elf Prozent. Dagegen liegen die Aktienmärkte der Euro-Krisenländer teils deutlich im Minus: Die Athener Börse stürzte 35 Prozent ab, Madrid um 17 Prozent, Dublin um 3,1 Prozent, Lissabon um vier Prozent. Das wirkte sich auch negativ auf den europäischen Index EuroStoxx-50 aus, der auf Jahressicht fünf Prozent verloren hat.

Entwicklung internationaler Börse-Indices 2010

APA/Margret Schmitt

Umschwung in der zweiten Jahreshälfte

In der ersten Jahreshälfte dominierten die Griechenland- und die Euro-Krise das Geschehen an der europäischen Börse und drückten auch den ATX auf das Jahrestief von 2.217 Punkten. Erst in der zweiten Jahreshälfte gelang durch die sich immer stärker abzeichnende Konjunkturerholung in Deutschland und auch Österreich der Ausbruch aus dem seit Ende Mitte 2009 wirksamen Seitwärtstrend.

Kurvengrafik zur Entwicklung des ATX 2006-2010

APA/Margret Schmitt

Gleichzeitig wurde die Gefahr für einen erneuten Konjunktureinbruch („double-dip“) immer unwahrscheinlicher, wie Erste-Analyst Christoph Schultes im Gespräch mit der APA betont. Positiv wirkten sich auch die freundlichen Entwicklungen bei anderen Indizes wie dem deutschen DAX und die nachlassende Angst vor einem Osteuropa-Engagement positiv aus.

In einem Jahr bei über 3.100 Punkten?

Auch wenn es im kommenden Jahr 2011 weiterhin Abwärtsrisiken gibt, sind österreichische Aktienexperten über eine weiterhin positive Börsenentwicklung zuversichtlich. Die Konjunkturentwicklung sollte weiterhin positiv sein, und durch die Verschuldungsproblematik sollte es zu keinen ganz großen Sprüngen kommen.

Bereits vor einiger Zeit prognostizierte die Erste Bank einen Jahresendstand von 3.100 Punkten, was aus heutiger Sicht sehr konservativ sei, so Schultes. Die Raiffeisen-Analysten erwarten einen Jahresendstand bei 3.300 Punkten. Neben der unterbewerteten OMV wird auch den Finanzwerten wieder Potenzial zugetraut.

Heimische Börsentitel als „Glücksspiel“

Mit Wiener Titeln konnten Anleger mit etwas Glück - oder Pech - im abgelaufenen Jahr ihr eingesetztes Kapital entweder verdoppeln oder aber auch halbieren. Wer sich zu Jahresanfang etwa für Aktien des Ölbohrausrüsters Schoeller-Bleckmann (SBO) entschieden hatte, kann sich über einen Kursgewinn von über 90 Prozent freuen; wer sich dagegen für Intercell entschied, muss mehr als die Hälfte seines Einsatzes als Verlust verbuchen.

Beim Pharmaunternehmen floppte das Reisedurchfallpflaster. Auch der Onlineglücksspieler bwin war diesmal unter den Verlierern zu finden, die Aktie gab fast 30 Prozent nach. Nicht förderlich war die geplante Fusion mit der britischen Party Gaming. Verbund und EVN litten mit jeweils minus vier Prozent unter ihren durchgeführten Kapitalerhöhungen. Dagegen wurden vor allem Zykliker wie RHI (+81 Prozent), Andritz (+69 Prozent) und voestalpine (+42 Prozent) stark nachgefragt.

Links: