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„Mani pulite“ an Mailänder Klinik

Mit einer wirksamen Maßnahme hat eine Mailänder Klinik Spitalskeimen den Kampf angesagt: Sie zahlt den 70 Krankenschwestern auf der Intensivstation für Neugeborene jährlich eine Prämie von 3.000 Euro aus, wenn sie sich regelmäßig die Hände waschen - mit Erfolg, wie der „Corriere della Sera“ berichtet: Die Zahl der Infektionen unter den Säuglingen ging um ein Drittel zurück.

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Das Projekt „saubere Hände“ („Mani pulite“) kostet die Mailänder Klinik Mangiagalli 210.000 Euro mehr pro Jahr, ließ aber die Infektionsrate unter den rund 1.000 der intensivmedizinisch behandelten Neugeborenen von zehn auf sieben Prozent fallen. Unter Babys, die weniger als 1,5 Kilogramm auf die Waage brachten, reduzierte sich die Infektionsrate in einem Jahr von 25 auf 19 Prozent.

Überwachungskamera und Spezialbecken

Damit die Stationsschwestern in den Genuss der Prämie kommen, müssen sie sich regelmäßig mit Wasser und Seife die Hände waschen. Der Wasserstrahl ist dabei automatisch auf eine Minute eingestellt, woran sie sich halten müssen. Überwacht werden ihre Aktivitäten von einer Kamera über dem Waschbecken. Ein Film, der nonstop auf einem Bildschirm über der Spüle gezeigt wird, soll die korrekte Durchführung der Hygienemaßnahmen klarmachen.

Ein Risikomanager überprüft die Einhaltung der Maßnahmen. Vor jeder Berührung mit einem Baby werden die Hände des Krankenhauspersonals zudem von einem Spezialgerät auf mögliche Bakterien kontrolliert. Flankiert wird das Projekt von einer Plakataktion, die auf die Bedeutung der Händedesinfektion hinweisen soll.

Ignaz Semmelweis

AP

Der Arzt Semmelweis bemühte sich als Erster um hygienische Verbesserungen in Spitälern.

Hygiene einst und jetzt unterschätzt

Dass sich viele Infektionen, die im Krankenhaus entstehen, durch eine korrekte Händehygiene verhindern lassen, ist seit 150 Jahren bekannt. Der ungarische Arzt Ignaz Philipp Semmelweis (1818-1865) führte als Erster das Auftreten von Kindbettfieber unter anderem auf mangelnde Hygiene bei Ärzten und Krankenhauspersonal zurück und bemühte sich darum, Hygienevorschriften einzuführen. So verschärfte der damals in Wien tätige Mediziner die Vorschriften dahingehend, dass die Hände vor jeder Untersuchung zu desinfizieren seien.

Dadurch gelang es Semmelweis, 1848 die Sterblichkeitsrate auf 1,3 Prozent zu senken. Trotz des Erfolgs wurden seine Erkenntnisse zu seinen Lebzeiten nicht anerkannt und Hygienemaßnahmen als Zeitverschwendung angesehen. Auch heute noch wird regelmäßiges Händewaschen von medizinischem Personal oft unterschätzt. Darauf weist die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hin, die 2007 die Leitlinie „eine saubere Behandlung ist eine sichere Behandlung“ ausgab.

Neugeborene besonders gefährdet

In Italien ließen sich laut „Corriere“ durch Hygienemaßnahmen 200.000 Krankenhausinfektionen vermeiden. Das italienische Gesundheitsministerium unterstützt die WHO-Kampagne daher mit entsprechenden Projekten in 175 Krankenhäusern. Auf die Idee, Händewaschen mit Bargeld zu fördern, kam bisher aber nur der Primar an Europas größter Neonatologie Mangiagalli, Fabio Mosca.

Spitalskeime würden gerade im Krankenhaus eine große Herausforderung darstellen. „Dabei gehören Patienten der neonatologischen Intensivstationen zu den am stärksten einem Infektionsrisiko ausgesetzten Patienten.“ Frühgeborene und kranke Säuglinge seien „per definitionem immungeschwächt“, erläutert Mosca im „Corriere“. Unter ihnen sei die Gefahr einer Sepsis daher besonders hoch. Jede Investition auf diesem Gebiet zahle sich jedenfalls aus.

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