Themenüberblick

Skepsis gegenüber dem Euro

Die Slowakei hat ihre Krone schon abgegeben, nun ist Estland dran. Im nördlichsten Land des Baltikums wird von Jänner an nicht mehr mit der Krone, sondern mit Euro und Cent bezahlt. Estland und die Slowakei sind zwei gelungene Beispiele für die „Osterweiterung“ des Euros. Mit Slowenien - das zum früheren Jugoslawien gehörte - ist die Liste aber schon komplett.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Nur diese drei Länder haben es bisher in den Euro-Club geschafft, der bald 17 Mitglieder hat. Von einem Siegeszug der Gemeinschaftswährung in den Erweiterungsländern, die von 2004 an zur Union stießen, kann da nicht die Rede sein.

Im größten Beitrittsland Polen zahlen die Menschen immer noch mit dem heimischen Zloty. Träume, schon 2012 auf den Euro umzustellen, sind längst geplatzt. Politikern kommt dieser Tage das Datum 2015 als ein möglicher Termin nur vorsichtig über die Lippen. Man habe es nicht mehr eilig mit dem Euro, so die offizielle Linie.

Polen erfüllt Kriterien nicht

Der Nationalbankchef Marek Belka nennt das Kind beim Namen: „Es hat keinen Sinn, heute der Euro-Zone beizutreten, weil einige Euro-Länder gewaltige Probleme haben.“ Eine eigene Währung sei jetzt nur nützlich, sagte Belka der Zeitung „Gazeta Wyborcza“ mit Blick auf schwere Probleme in Griechenland und Irland.

Und auch bei den Bürgern machte sich mit der Euro-Krise Skepsis breit. Im Dezember ergab eine EU-Umfrage, dass 45 Prozent der Polen negative Folgen der Euro-Einführung befürchten, getreu dem Motto „Euro gleich Teuro“. Im März lag die Rate der Skeptiker nur bei 38 Prozent.

Ob Polen aber will oder nicht - das Land erfüllt noch lange nicht die Beitrittskriterien. Warschau steht sogar am Brüsseler Defizitpranger: In diesem Jahr beträgt das Staatsdefizit 7,9 Prozent und liegt damit klar über den von der EU geforderten drei Prozent. Auch die Inflation ist leicht überhöht. Weniger Probleme gibt es bei der Staatsschuld: Sie beläuft sich auf rund 57 Prozent der Wirtschaftsleistung, knapp unter dem Richtwert von 60 Prozent.

Drei Länder im „Wartezimmer“

Polen hat bisher noch nicht einmal im „Wartezimmer“ des Euro Platz genommen. Das ist der Europäische Wechselkursmechanismus, in dem die nationalen Währungen von Kandidaten mindestens zwei Jahre lang an den Euro gebunden werden. Im „Vorzimmer“ verharren derzeit nur Lettland, Litauen und Dänemark.

Dänemark gilt allerdings in Brüssel nicht als richtiger Kandidat. Das Land im Norden hat eine Ausnahmeregelung und kann nicht zur Übernahme des Euros gezwungen werden - wie Großbritannien. Alle anderen Länder haben sich mit dem EU-Beitritt verpflichtet, den Euro einzuführen, sobald sie die Bedingungen erfüllen.

Ungarn will „sich annähern“

Die Realität sieht aber anders aus. Ungarn, das vom 1. Jänner an für sechs Monate die Amtsgeschäfte der EU führt, nennt noch nicht einmal ein Zieldatum. Das Land „wird sich der Euro-Zone jedes Jahr mehr annähern“, lautet die vage Aussage von Ministerpräsident Viktor Orban.

Im kommenden Haushalt soll ein Inflationsziel von 2,8 Prozent verankert werden, was den Beitritt in das „Wartezimmer“ des Euros ermöglichen könnte. Experten halten das Jahr 2015 als Termin für den Euro in Ungarn für realistisch.

Zu hohes Defizit in Bulgarien

Bulgarien, EU-Mitglied seit 2007, musste von hochfliegenden Plänen Abschied nehmen. Grund ist das zu hohe Defizit, das im laufenden Jahr 3,8 Prozent erreichen dürfte. „Wir verzichten vorerst auf den Beitritt zur Euro-Zone“, erklärte Regierungschef Bojko Borissow im April und ergänzte dann: „Wir haben die Kollegen (in Brüssel, Anm.) praktisch angelogen, indem wir erklärten, für die Euro-Zone vorbereitet zu sein.“

Damit gab das Balkanland den ehrgeizig anvisierten Termin 2013 für die Einführung des Euros auf. In Bulgarien bleibt vorerst der Lew („Löwe“).

Rumänien tritt bei, „wenn es bereit ist“

Auch Nachbar Rumänien ist noch lange nicht bereit für die Einheitswährung. Der Termin 2015 war einmal im Gespräch, ist aber - wie Staatspräsident Traian Basescu unlängst feststellte - nicht mehr bindend. In Bukarest gilt inzwischen die schwammige Formel, das Land solle beitreten, „wenn es bereit ist“. In Tschechien hat es die Regierung ebenfalls nicht eilig.

Die südlichen Nachbarn von Euro-Neumitglied Estland, Litauen und Lettland, müssen voraussichtlich noch einige Jahre neidisch auf das Musterland das Baltikums schauen. Beide Länder werden im kommenden Jahr eine Neuverschuldung von sieben Prozent oder darüber haben - die Sanierung der Staatsfinanzen wird noch lange dauern.

Denise Donnebaum, dpa

Links: