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Der kalabrische Arm der Mafia

Die ’Ndrangheta ist der kalabrische Zweig des organisierten Verbrechens in Italien. Ihre wichtigsten Ertragsquellen sind der Kokain- und Waffenhandel, Geldwäsche und Erpressungen. Ihr Jahresumsatz wird auf mehr als 40 Milliarden Euro geschätzt. Sie gilt damit als eine der mächtigsten Mafia-Organisationen Europas.

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Lange Zeit stand die ’Ndrangheta - der kalabrische Arm der Mafia - im Schatten der sizilianischen Cosa Nostra. Doch im Zuge der Fahndungserfolge in Sizilien seit Beginn der 90er Jahre wendete sich das Blatt. Heute gilt die ’Ndrangheta mit ihrem „Milliarden-Jahresumsatz“ als eine der mächtigsten Mafia-Organisationen Europas.

Entsprechend ausgeweitet hat sich auch das Betätigungsfeld, längst haben die Mafiosi die schwer zugänglichen Bergregionen Kalabriens unter ihre Kontrolle gebracht und sind nicht nur in Italien und mehreren weiteren europäischen Staaten - darunter Deutschland, Frankreich und Belgien - aktiv, sondern auch in Nord- und Südamerika sowie in Australien.

Syndikat entstand im 19. Jahrhundert

Die Wurzeln der Organisation reichen bis ins 19. Jahrhundert. Angeblich leitet sich das Wort ’Ndrangheta vom griechischen „andragathos“ ab, was „tapferer Mann“ bedeutet. In den Ursprungsjahren der sogenannten Ehrenwerten Gesellschaft verdienten die „Tapferen“ ihr Geld vor allem mit Entführungen und Erpressung.

Die Mitgliedschaft in der ’Ndrangheta beruht weitgehend auf Blutsverwandtschaft. Aussteiger und Kronzeugen gibt es eher selten. Nach unterschiedlichen Schätzungen besteht sie aus 50 bis 200 Clans mit insgesamt 6.000 bis 7.000 Mitgliedern. Die traditionell mächtigsten Familien stammen noch immer aus der Hochburg San Luca. Den italienischen Behörden zufolge ist die ’Ndrangheta in Italien dabei, mächtiger als die sizilianische Mafia zu werden.

Dutzende Festnahmen bei Razzien

Der italienische Staat versucht immer wieder, Herr der Lage zu werden. Am 13. Juli wurden 300 ’Ndrangheta-Mitglieder bei dem größten polizeilichen Einsatz seit 15 Jahren verhaftet. Bei der Razzia, an der etwa 3.000 Justizbeamte beteiligt waren, wurde auch der mutmaßlich höchste 80-jährige ’Ndrangheta-Anführer Domenico Oppedisano gefasst. Erst am 14. Dezember nahm die Polizei bei einer Razzia in der Stadt Reggio Calabria 53 mutmaßliche Mitglieder des Clans fest. Immobilien und Grundstücke im Millionenwert wurden beschlagnahmt.

Das organisierte Verbrechen beeinflusst stark das politische Leben in Süditalien. Am 21. Dezember wurden zwölf Personen festgenommen, denen die ’Ndrangheta Wählerstimmen versprochen hatte. Dafür hätten die Kandidaten bei den Regionalwahlen im vergangenen März dem organisierten Verbrechen öffentliche Aufträge zuschanzen sollen. Zu den Verhafteten zählt auch ein Mitglied des Regionalrats in Kalabrien, Santi Zappala, der der Mitte-rechts-Partei PdL (Volk der Freiheit/Popolo della liberta) um Premierminister Silvio Berlusconi angehörte.

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