Themenüberblick

Vorbereitung für Präsidentenwahl

Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy hält für den Endspurt seiner ersten Amtszeit an Ministerpräsident Francois Fillon fest. Der um verloren gegangene Wählergunst kämpfende Sarkozy leitete Mitte November den lange erwarteten Kabinettsumbau ein und ernannte Fillon erneut zum Ministerpräsidenten. Zuvor hatten Fillon und seine Regierung zurücktreten müssen, um den Weg für die Umbildung freizugeben.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Zu den neuen Gesichtern auf der Regierungsbank zählt der ehemalige Ministerpräsident, Außenminister und heutige Bürgermeister von Bordeaux, Alain Juppe. Er wurde neuer Verteidigungsminister, neue Außenministerin wurde Michele Alliot-Marie.

„Nach dreieinhalb Jahren mutiger Reformen werde ich unter Führung des Staatschefs die neue Etappe entschlossen angehen“, erklärte Fillon. Als Ziele nannte er, das Wirtschaftswachstum im Dienste der Beschäftigung zu stärken, die Solidarität zu fördern und die Sicherheit der Franzosen zu garantieren. Der 56-Jährige ist seit Beginn von Sarkozys Amtszeit im Mai 2007 Premierminister.

Lange angekündigt

Beobachter gehen davon aus, dass die Kabinettsumbildung auch in Vorbereitung der Präsidentschaftswahl 2012 vollzogen wird, auch wenn Sarkozy seine Kandidatur für eine zweite Amtszeit noch nicht angekündigt hat. Unter Sarkozy gab es bereits mehrere kleinere Kabinettsumbildungen, die letzte im März.

Die jetzigen Wechsel waren schon lange angekündigt worden: „Im Juni wurde sie angekündigt, für Oktober geplant, ständig wurde sie verschoben. Dieser Wechsel der Mannschaft wirkte Wochen wie ein Schönheitswettbewerb: ziemlich erniedrigend für die Beteiligten und kaum ruhmreich für diejenigen, die sich als Schiedsrichter aufspielen“, unkte die Zeitung „Le Monde“.

Frischer Wind oder Verlässlichkeit?

Zum ersten Mal seit Bestehen der Fünften Republik in Frankreich wurde damit nun ein Kabinett entlassen, noch dazu an einem Samstagabend um 19.30 Uhr - ohne dass die neue Regierungsmannschaft zu diesem Zeitpunkt schon festgestanden hätte. Klar war Stunden später nur, dass Premierminister Fillon bleibt. Der von Sarkozy angestrebte dynamische Neustart für seine konservative Regierung fiel dadurch etwas holprig aus.

Sarkozy, der durch die neue Regierung seine Wiederwahl zum Präsidenten im Jahr 2012 absichern will, stand bei der Kabinettsumbildung vor einem Dilemma: Verlässlichkeit und frischen Wind in der Regierungspolitik sollte der Wechsel gleichzeitig signalisieren. Der Staatschef entschied sich nach quälenden Wochen der öffentlichen Spekulationen um Posten und Personen auch auf Druck seiner Partei UMP letztlich für die weniger risikoreiche Variante.

Fillons Aufstieg

Der 56-jährige Fillon bleibt Premierminister - ein Mann, der lange Zeit als blasse Marionette Sarkozys wahrgenommen wurde. In den vergangenen Monaten aber, in denen der Präsident in den Umfragen nicht zuletzt aufgrund der ungeliebten Rentenreform und der Finanzaffären um L’Oreal-Milliardärin Liliane Bettencourt abstürzte, schien Fillon mehr und mehr zum Stabilitätsanker zu werden. Der 2007 von Sarkozy zum simplen „Mitarbeiter“ degradierte Premierminister schuf sich einen Ruf als „ruhende Kraft“ der Regierung, während Sarkozy das Image als „Präsident der Reichen“ mit dem Hang zu überdrehten Aktionen nicht los wurde.

Neuer Gegner für Sarkozy?

Aus der Regierungsumbildung könnte Sarkozy ein neuer Gegner entwachsen sein: der charismatische Umweltminister und Chef der mit der Regierungspartei UMP verbündeten Parti Radical, Jean-Louis Borloo. Seine kleine Partei steht für den liberalen Flügel der konservativen Regierungsmehrheit. Sogar als neuer Premier war er im Gespräch, „prestigeträchtige Posten sind ihm angeboten worden: Außenministerium, ein sehr erweitertes und mächtigeres Ministerium“, berichtete ein Vertrauter – und das nur, damit Borloo 2012 nicht als Konkurrent bei den Wahlen gegen Sarkozy antritt.

Doch Mitte November kündigte Borloo an, dass er der künftigen Regierung nicht mehr angehören wolle. Er teilte in einer Erklärung mit, er wolle lieber „seine Freiheit“, Vorschläge zu machen und das Wort zu ergreifen, entsprechend seiner Werte wiedererlangen. Dazu zähle für ihn an erster Stelle der soziale Zusammenhalt.

Erstmals ein Paar in der Regierung

Mit Juppe als Verteidigungsminister kehrt ein politisches Schwergewicht ins Kaninett zurück. Er wird zugleich die offizielle Nummer zwei der Regierung. Juppe hatte angekündigt, dass er einen Ministerposten übernehmen werde, und Sarkozy damit unter Zugzwang gebracht. Der Präsident gab daraufhin überraschend den Rücktritt der Regierung noch an einem Samstag bekannt.

Von Alliot-Marie hatte es geheißen, sie werde wohl das Kabinett verlassen. Dass sie nun Außenministerin wurde und Bernard Kouchner ablöste, galt als Überraschung. Und auch, dass durch ihren Verbleib in der Regierung erstmals in der Geschichte der Fünften Republik zwei Lebensgefährten in derselben Regierung sind. Ihr Partner Patrick Ollier wurde Minister für die Beziehungen zum Parlament.

Noch im vergangenen Oktober hatte der 65-jährige Ollier gesagt, dass er „niemals Minister werden“ könne, weil seine Lebensgefährtin Ministerin ist. Alliot-Marie ist seit der Amtszeit von Präsident Jacques Chirac in den 1990er Jahren ununterbrochen Regierungsmitglied.

Arbeitsminister Woerth musste gehen

Die bisherigen Minister der Ressorts Inneres und Wirtschaft, Brice Hortefeux und Christine Lagarde, wurden ebenso wie Budgetminister Francois Baroin im Amt bestätigt. Das Justizressort ging an Michel Mercier. Neu in die Regierung kommt unter anderen UMP-Generalsekretär Xavier Bertrand, der das Amt des in die L’Oreal-Affäre verstrickten Arbeitsministers Eric Woerth übernimmt. Gehen müssen außerdem zwei Staatssekretärinnen, um die Sarkozy anfangs wegen ihrer nord- und schwarzafrikanischen Wurzeln viel Aufhebens gemacht hatte: Fadela Amara und Rama Yade. Insgesamt wird die Regierung von bisher 37 auf 31 Posten verkleinert.

Die Opposition kritisierte die Personalentscheidung Sarkozys. „Das ist die Beibehaltung eines Regierungschefs, der in allen wichtigen Fragen gescheitert ist, durch einen Präsidenten, der selbst auch gescheitert ist“, sagte der Sprecher der Sozialisten, Benoit Hamon. Der Schritt zeige, dass Sarkozy keine Alternative zur „Politik des Sparens und der Opfer für die Franzosen“ habe.

Links: