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„Erster wichtiger Sieg nach drei Jahren“

Der „Engel mit den Eisaugen“, Amanda Knox, kann im Prozess um den Mord an der britischen Studentin Meredith Kercher wieder hoffen. Das Berufungsgericht im mittelitalienischen Perugia ordnete am Samstag an, strittige DNA-Spuren, die im ersten Prozess als Beweise gegen Knox vorgebracht worden waren, neu zu nehmen und untersuchen zu lassen.

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Richter Claudio Pratillo Hellman ordnete an, wichtige Beweismittel wie die mutmaßliche Tatwaffe, ein Küchenmesser, erneut auf DNA-Spuren untersuchen zu lassen. Nach dem Stand der bisherigen Ermittlungen sollen die DNA-Spuren von Knox am Griff des Messers identifiziert worden sein, diejenigen des Opfers, der britischen Studentin Kercher, an der Klinge.

„Sieg auf der Suche nach der Wahrheit“

Knox, die seit 2007 in Perugia im Gefängnis sitzt und 2009 zu 26 Jahren Haft verurteilt wurde, beteuerte stets ihre Unschuld. Ihre Anwälte argumentieren, der rein auf Indizien beruhende Prozess habe die Schuld der Angeklagten nicht eindeutig nachweisen können. Einer der Anwälte der 23-jährigen US-Amerikanerin, Luciano Ghirga, sprach nach der Anordnung des Berufungsgerichtes von einem „bedeutenden Schritt“ und einem „Sieg auf der Suche nach der Wahrheit“. Knox und ihre Mutter Edda Mellas brachen in Tränen aus, als sie den Richterspruch hörten.

Amanda Knox im Gerichtssaal

AP/Alessandra Tarantino

Britische Medien gaben Amanda Knox den Beinamen „Der Engel mit den Eisaugen“.

Der Richter begründete die Entscheidung damit, dass die neue DNA-Analyse notwendig sei, um „die letzten Zweifel auszuräumen“. Zwei unabhängige Experten der Sapienza-Universität in Rom würden die DNA-Spuren nun erneut untersuchen. Oder, sollte das nicht mehr möglich sein, sich die Ergebnisse der vorliegenden Analysen genau ansehen. Auch der Anwalt von Knox’ Ex-Freund Raffaele Sollecito, Luca Maori, zeigte sich erleichtert. „Endlich, das Verfahren kann beginnen“, erklärte er vor Journalisten. „Nach drei Jahren haben wir unseren ersten wichtigen Sieg errungen.“

Staatsanwalt: DNA-Analyse „sinnlos“

Staatsanwalt Giancarlo Costagliola zeigte sich wenig erfreut. Er beharrte darauf, dass eine erneute DNA-Analyse „sinnlos“ sei und dass dem Gericht bereits alle Beweise vorlägen, um zu einem Urteil zu kommen. Auch der Anwalt der Familie des Opfers, Francesco Maresca, war sichtlich enttäuscht. Er warf der Verteidigung vor, den Fall endlos in die Länge ziehen zu wollen.

Reiner Indizienprozess

Tatsächlich war das Verfahren ein reiner Indizienprozess. Dabei gab es aufseiten von Knox zwar deutlich belastende Fakten - mehrmals konnten ihr Lügen bei den Polizeiverhören nachgewiesen werden -, aufseiten der Anklage gab es jedoch ebenso Unstimmigkeiten. Kein Gehör fand etwa das Argument der Verteidiger, dass die Stichwunden in Kerchers Körper kaum von der angeblichen Tatwaffe stammen könnten, da diese bei einer Klingenlänge von etwa 15 Zentimetern viel tiefere Wunden verursachen hätte müssen.

Seit 2007 im italienischen Gefängnis

Knox wurde bereits vier Tage nach dem Mord an Kercher, am 6. November 2007, von der italienischen Polizei in Haft genommen. Sie soll gemeinsam mit Sollecito und dem Afroitaliener Rudy Guede ihre Mitbewohnerin zu Sexspielen gezwungen und ihr dann die Kehle durchgeschnitten haben. Sollecito wurde zu 25 Jahren Haft verurteilt. Auch er bestreitet den Mord.

Urteil für Komplizen bestätigt

Das Einlenken des Berufungsrichters kam genau einen Tag nachdem ein Gericht in Rom den dritten Verdächtigen, Guede, in letzter Instanz zu 16 Jahren Haft verurteilt hatte. Die Richter des Kassationsgerichts bestätigten damit eine im vergangenen Jahr ergangene Entscheidung eines Berufungsgerichts in Perugia. Guede wurde 2007 in einem Schnellverfahren zunächst zu 30 Jahren Gefängnis verurteilt, die erste Berufungsinstanz milderte das Urteil dann auf 16 Jahre ab, das nun bestätigt wurde.

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