„Peinlich, abgehoben und realitätsfremd“
Der kolportierte Tobsuchtsanfall von Umweltminister Nikolaus Berlakovich (ÖVP) wegen eines in Paris verpassten Fluges hat am Mittwoch nicht nur bei der politischen Konkurrenz für Kopfschütteln gesorgt. Auch ÖVP-Außenminister Michael Spindelegger macht klar: „Der Fehler liegt im Landwirtschaftsministerium.“
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Der Außenminister ließ seinem Parteifreund ausrichten, er könne kein fehlerhaftes Verhalten von Vertretern des Außenministeriums erkennen: Er habe sich alle Unterlagen zu dieser Angelegenheit kommen lassen, die österreichische Vertretung in Frankreich sei über die Reise von Berlakovich nicht informiert gewesen. Daher habe es auch keine Möglichkeit für eine Hilfestellung gegeben.
Spindelegger will nicht mehr drüber reden
Auf die Frage, ob er mit seinem ÖVP-Parteikollegen Berlakovich noch persönlich über dessen Vorwürfe reden werde, sagte Spindelegger zurückhaltend: „Wenn er das will ...“ Weniger Zurückhaltung zeigten naturgemäß Vertreter von SPÖ, FPÖ, BZÖ, Grünen und Umweltschutzorganisationen, die Berlakovichs Verhalten auf dem Flughafen Charles-de-Gaulle am Mittwoch in scharfen Worten kritisierten.
„Minister Berlakovich ist doch tatsächlich der Meinung, ein Abflug einer Maschine der Air France habe sich gefälligst nach ihm zu richten“, so etwa SPÖ-Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter. „Mit Nachdruck" sei allerdings die Darstellung aus dem Berlakovich-Stab zurückzuweisen, dass es Usus sei, dass Botschaftsvertreter und Attaches diverse Sonderprivilegien von reisenden Regierungsmitgliedern zu organisieren hätten.“
ÖVP reagiert verschnupft
Bei Dienstreisen des SPÖ-Regierungsteams von Bundeskanzler Werner Faymann werde stets penibel darauf geachtet, dass es keinerlei Privilegien gegenüber Normalbürgern gebe", meinte Kräuter außerdem. Die ÖVP reagierte mit einer verschnupften Aussendung - ohne Erwähnung von Berlakovichs Namen -, in der sie dem Koalitionspartner vorwarf, „keine Ahnung von Außenpolitik“ zu haben.
Als „peinlich, abgehoben und realitätsfremd“ wertete die FPÖ Berlakovichs Verhalten. Der Minister halte sich offenbar für so wichtig wie der Papst oder der US-Präsident. „Was Berlakovich widerfahren ist, geschieht jedem normalen Flugpassagier am laufenden Band. Da braucht man weder wüten noch Diplomaten vor die Tür setzen. Etwas mehr Bodenhaftung wäre für den Herrn Minister durchaus angebracht.“
Grüne: Einziger Aufreger ist Klimapolitik
Die Grünen wünschten sich von Berlakovich, er möge sich über Klimapolitik mindestens genau so aufregen wie über seinen eigenen verpassten Flug - noch dazu habe er die österreichischen Klimaziele „nicht nur knapp verpasst, sondern um Längen. Österreich zählt zu den Klimasündern, statt 13 Prozent CO2 gegenüber 1990 einzusparen, stößt Österreich jetzt um elf Prozent mehr aus. Da wäre große Aufregung angebracht.“
„Eine ressortinterne Klimakonferenz“ empfahl das BZÖ dem Minister. Dessen kolportiertes Verhalten gegenüber seinen Mitarbeitern wegen eines verpassten Fluges sei „eines österreichischen Ministers völlig unwürdig und im Ausland doppelt kontraproduktiv. Nikolaus zu heißen und sich wie ein verspäteter Krampus aufzuführen, ist nur lächerlich.“
WWF: „Blockierer“ auch in Abwesenheit
Der WWF warf Berlakovich vor, er habe den Klimagipfel in Cancun in Wahrheit schon vor seiner „verspäteten Ankunft in Mexiko blockiert“. Der Minister stelle „klar nationale Interessen vor die Wirksamkeit eines gesamteuropäischen Klimaschutzes“ und wolle Österreichs miserable Klimabilanz durch „buchhalterische Tricks“ fälschen.
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