Wenn einer keine Reise tut ...
Die Wetterbedingungen auf Europas Flughäfen haben zu Wochenbeginn vielen Reisenden einen Strich durch die Rechnung gemacht - unter ihnen auch Umweltminister Nikolaus Berlakovich (ÖVP). Dass es ihm dabei wie einem „Normalbürger“ (Zitat Berlakovich) erging, sorgte offenbar für einen bemerkenswerten Tobsuchtsanfall in Paris.
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Mehrere österreichische Tageszeitungen wussten am Mittwoch von der ministeriellen Reisepanne zu berichten. Demnach wollte Berlakovich am Montag von Wien über Paris ins mexikanische Urlauberparadies Cancun fliegen, um dort am UNO-Klimagipfel teilzunehmen. Er verpasste jedoch den Anschlussflug, weil „die Air France witterungsbedingt verspätet aus Wien abgehoben“ sei, wie der Minister der Zeitung „Österreich“ berichtete.
Von VIP-Behandlung keine Spur
Laut dem „Kurier“ soll Berlakovichs Stab noch in Wien die Botschaft in Paris und die Fluglinie Air France darüber informiert haben, dass man in Paris „ein schnelles Umsteigen organisieren“ solle. Als der Minister jedoch in Paris landete, war von VIP-Behandlung keine Spur: Weder ein Air-France-Vertreter noch ein österreichischer Diplomat waren zugegen, um Berlakovichs Flug nach Cancun zu sichern.
Dass Berlakovich und sein Stab auf sich allein gestellt waren, hatte zur Folge, dass die Maschine in Richtung Cancun ohne ihn abflog - obwohl sie noch 20 Minuten am Gate gestanden sei. „Wir konnten dem Piloten sogar noch in die Augen schauen und zuwinken“, berichtete ein Delegationsmitglied der „Presse“. Der Umweltminister habe daraufhin einen „Tobsuchtsanfall“ bekommen.
Spindelegger hob nicht ab
Den besonderen Zorn des Ministers traf dabei die österreichische Landwirtschaftsattachee in Paris, Birgit Hell. Sie wurde laut Aussagen der Berlakovich-Mitarbeiter über die Flugverspätung informiert, sollte den Minister dementsprechend in Paris betreuen und bei der Air France versuchen, das Flugzeug aufzuhalten. Das sei Usus, hieß es aus dem Berlakovich-Stab.
Die Frau erschien jedoch nicht am Schalter. Auch der Botschafter in Paris wurde über den Berlakovich-Zwischenstopp nicht informiert, das übliche Minister-Botschaftsgeleit fand nicht statt. ÖVP-Parteifreund und Außenminister Michael Spindelegger war für den Umweltminister telefonisch ebenfalls nicht erreichbar. Angeblich landete Berlakovich immer und immer wieder auf Spindeleggers Handymobilbox.
„Die Botschaft ist ein Saustall“
„Die österreichische Botschaft in Paris ist ein Saustall“, gibt die „Presse“ den folgenden Tobsuchtsanfall des Ministers wieder, und weiter: "Der Landwirtschaftsattache-Posten wird mit sofortiger Wirkung aufgelöst. (...) „Nie wieder Air France! Spindelegger muss eh bei den Botschaften einsparen, ich helfe ihm dabei.“ Zudem werde es ein „offizielles Protestschreiben“ an Air France geben - in Kopie an die französische Botschaft in Wien.
Ohne fremde Hilfe war Berlakovichs Stab offenbar recht hilflos: Der Minister musste laut dem „Kurier“ vier Stunden auf die Umbuchung warten und wurde anschließend mit anderen „gestrandeten Touristen und einem 25-Euro-Essensgutschein“ in ein Hotel der Kette Best Western zur Übernachtung verfrachtet. Erst am nächsten Tag kam Berlakovich über den Umweg New York als einer der letzten vertretenen Ressortminister in Cancun an.
Minister sieht sich weiter im Recht
Zu seiner zornigen Reaktion steht der Minister offenbar bis jetzt. Gegenüber „Österreich“ meinte er: „Das war ja kein Ausflug von mir. Da geht es um unsere Zukunft. Mir graut davor, was einem Normalbürger auf Reisen passieren kann, wenn unsere Diplomaten schon Ministern so wenig helfen. Das muss Konsequenzen haben.“ Es stellt sich allerdings die Frage, ob die Konsequenzen nicht eher seinen eigenen Stab betreffen sollten.
Denn laut dem Außenministerium meldete sich Berlakovichs Stab erst am Dienstag - nach der Übernachtung im wenig luxuriösen Hotel. Erst dann seien „der Botschafter und sein Stellvertreter leider erst informiert“ worden, so Außenministeriumssprecher Peter Launsky-Tieffenthal. „Sie wussten gar nicht, dass der Minister über Paris reist.“ Außerdem gab Launsky-Tieffenthal zu verstehen, dass das Umweltministerium zwar Vorgesetzter der Landwirtschaftsattachee sei, nicht jedoch der Diplomaten.
Kopfschütteln bei politischen Gegnern
Hinter vorgehaltener Hand fallen Wortspenden aus dem Außenministerium offenbar noch deutlicher aus. „Österreich“ zitiert eine anonyme Quelle mit den Worten: „Bedauerlich, dass der Minister die Nerven weggeschmissen hat. Hätte er uns informiert wie jeder andere Minister, wäre er natürlich betreut worden. Es rief aber niemand bei uns an.“ Auch SPÖ, Grüne, FPÖ und BZÖ machten in hämischen bis empörten Aussendungen klar, dass sich aus ihrer Sicht nur Berlakovich selbst etwas vorzuwerfen habe.
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