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Kopien zur Sicherheit verteilt

Die Enthüllungsplattform WikiLeaks will auch nach der Festnahme ihre Gründers Julian Assange in London weitermachen. Die nächste Veröffentlichung geheimer Dokumente des US-Außenministeriums werde sogar noch mehr Papiere als üblich enthalten, kündigten die WikiLeaks-Aktivisten über den Onlinedienst Twitter an.

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„Die heutige Aktion gegen unseren Chefredakteur Julian Assange wird unsere Arbeit nicht beeinträchtigen“, hieß es auf Twitter. Assange hatte vergangene Woche in einem Livechat mit der britischen Zeitung „Guardian“ erklärt, Kopien der Depeschen des US-Außenministeriums seien in verschlüsselter Form an mehr als 100.000 Menschen verteilt worden. Sollte ihm oder der Website etwas geschehen, würden diese automatisch veröffentlicht.

„Die Geschichte wird siegen. Die Welt wird zu einem besseren Ort werden. Werden wir überleben? Das hängt von Ihnen ab“, sagte der frühere australische Hacker bei dem Livechat.

Gericht lehnte Kaution ab

Assange kommt unterdessen vorerst nicht auf freien Fuß. Ein Untersuchungsrichter entschied am Dienstag in London, dass der 39-Jährige nicht auf Kaution freikommt. Das Magistratsgericht ordnete am Nachmittag an, dass er mindestens bis zur nächsten Anhörung am 14. Dezember in Polizeigewahrsam bleiben muss. Eine Freilassung gegen Zahlung einer Kaution lehnte das Gericht ab.

WikiLeaks-Gründer Assange nach seiner Verhaftung im Auto

AP/Stefan Rousseau/PA

Assange wird zum Gericht gebracht.

„Um 10.30 Uhr verhaftet“

Assange, das öffentliche Gesicht von WikiLeaks, war am Dienstag in London festgenommen worden. Assange habe sich der Polizei in London gestellt, so die Polizei. Der 39-jährige Australier sei „gemäß einem europäischen Haftbefehl um 10.30 Uhr verhaftet worden“.

Der Australier wird von den schwedischen Behörden wegen des Vorwurfs sexueller Vergehen gesucht. Es weist die Anschuldigungen zurück. Er sieht eine politische Verschwörung dahinter. Wegen eines unvollständigen Haftbefehls hatten die britischen Behörden Assange bisher nicht festnehmen können.

Medienvertreter warten auf WikiLeaks-Gründer Assange nach dessen Verhaftung

AP/Gareth Fuller

Assanges Verhaftung sorgte für großen Medienandrang.

USA: Gute Nachricht

Nach Angaben seines Londoner Anwalts Mark Stephens soll Assange in Schweden zu den Vorwürfen zweier Frauen befragt werden. Seinem Anwalt zufolge gehen die Vorwürfe auf einen „Streit über einvernehmlichen, aber ungeschützten Geschlechtsverkehr“ zurück. Eine Anklage gegen Assange liege nicht vor, so Stephens weiter.

US-Verteidigungsminister Robert Gates begrüßte die Verhaftung von Assange. Das klinge „nach einer guten Nachricht“, sagte Gates am Dienstag während eines Besuchs in Afghanistan. In den USA wurden Ermittlungen wegen Gefährdung der nationalen Sicherheit gegen WikiLeaks aufgenommen. Wegen der Veröffentlichung zahlreicher US-Geheimdokumente durch WikiLeaks streben die USA eine Auslieferung Assanges an. Stephens hatte am Sonntag gesagt, er werde jeden Versuch zur Auslieferung Assanges bekämpfen.

WikiLeaks hatte in der vergangenen Woche begonnen, Hunderttausende teils geheime Dokumente des US-Außenministeriums zu veröffentlichen, in denen US-Diplomaten aus ihren Einsatzländern berichten und Einschätzungen abgeben. Zuvor hatte WikiLeaks bereits unter anderem Dokumente zu den US-Militäreinsätzen in Afghanistan und im Irak ins Internet gestellt.

Visa, MasterCard und PayPal sperrten WikiLeaks

Für WikiLeaks selbst wird die Luft immer dünner. Nach mehreren anderen Finanzdienstleistern stellte am Dienstag auch die Kreditkartenfirma Visa alle Zahlungen an WikiLeaks ein. Visa Europe habe alle Zahlungen an die Enthüllungswebsite ausgesetzt, um einen möglichen Verstoß gegen die Geschäftsbedingungen zu prüfen, erklärte die Firma am Dienstag. Visa wolle weitere Informationen über die Tätigkeit von WikiLeaks abwarten, um zu beurteilen, ob ein Verstoß gegen die Nutzungsvorgaben vorliege.

„Das ist eine Entscheidung, die wir selbstständig getroffen haben“, sagte ein Firmensprecher der Nachrichtenagentur AFP. „Ich glaube nicht, dass wir unter dem Eindruck irgendeines Drucks einer Regierung gehandelt haben.“

Mit dem Abbruch der Beziehung zu WikiLeaks folgt Visa mehreren anderen Finanzdienstleistern. Erst am Montag sperrte MasterCard die Zahlungen an WikiLeaks, weil sie eigenen Angaben zufolge keine Beziehungen mit Kunden unterhalten könne, die illegale Aktivitäten direkt oder indirekt unterstützten. Zuvor hatte bereits das Internetbezahlsystem PayPal Zahlungen an WikiLeaks gesperrt.

Attacke auf Postfinance

Am Montag hatte die Schweizer Bank Postfinance die Schließung des Kontos von Assange bekanntgegeben. Als Grund nannte die Bank falsche Adressangaben. Dieses Konto war auf der WikiLeaks-Website für Spenden aufgeführt. Hacker und Sympathisanten von WikiLeaks griffen offenbar die Website der Postfinance an und verlangsamten diese stark. Davon geht das Unternehmen aus, wie ein Sprecher am Dienstag sagte. Die Website der Postfinance sei überlastet, sagte ein Sprecher. Offensichtlich stehe die Attacke in Zusammenhang mit der Schließung des Kontos von Assange. Auf Twitter riefen Hacker dazu auf, die Website der Postfinance anzugreifen.

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