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Schere in Österreich besonders groß

Migranten haben bei der PISA-Studie im Bereich Lesen erneut deutlich schwächer abgeschnitten als einheimische Schüler. Die schlechten Ergebnisse sind aber damit allein nicht zu erklären. Vergleicht man in allen Staaten nur die Einheimischen, gewinnt Österreich nur einen Platz. Der Zusammenhang zwischen dem sozialen Status der Eltern und den Leistungen ist in Österreich besonders hoch.

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Im Schnitt erzielten Einheimische (mindestens ein Elternteil bereits in Österreich geboren) 482 Punkte, Migranten der zweiten Generation (Kinder in Österreich geboren, Eltern zugewandert) 427 Punkte und Migranten erster Generation (Kinder noch im Ausland geboren) 384 Punkte. Zusammengerechnet ergibt das für Österreich einen Durchschnittswert von 470 Punkten.

Grafik zu den PISA-Ergebnissen von Migranten

APA/Martin Hirsch

Erste Generation deutlich verschlechtert

Mit einer Differenz von durchschnittlich 68 Punkten (erste und zweite Generation zusammen) gehört Österreich zu den drei OECD-Ländern mit den größten Leistungsunterschieden zwischen Einheimischen und Migranten (Italien: 72 Punkte, Belgien ebenfalls 68). Die schlechte Förderung von Migranten war schon in den PISA-Studien der vergangene Jahre kritisiert worden.

Gegenüber 2006 stark verschlechtert haben sich die Leistungen der ersten Migrantengeneration, die damals noch bessere Leseleistungen als die zweite Generation aufwies, deren Performance in etwa gleich geblieben ist. Zurückgeführt wird das vom Bundesinstitut für Bildungsforschung (BIFIE) auch mit der Zusammensetzung der ersten Migrantengeneration des Jahrgangs 1993 infolge des Jugoslawien-Kriegs.

Bild wird „vererbt“

Relativiert wird der Vorsprung der Einheimischen durch die Einbeziehung des sozioökonomischen Hintergrunds der Getesteten: Vergleicht man Einheimische und Migranten mit jeweils gleichem Sozialstatus, schneiden die Einheimischen nur noch um 45 Punkte besser ab - ein Drittel des Leistungsvorsprungs wird also durch die sozioökonomischen Rahmenbedingungen erklärt.

Je höher der Bildungsgrad der Eltern, desto höher sind auch die PISA-Leistungen und umgekehrt. Beim Lesen erreichten Kinder von Eltern mit maximal Pflichtschulabschluss 399 Punkte, Kinder von Absolventen einer berufsbildenden mittleren Schule oder Lehre 455 Punkte, Kinder von Maturanten 483 und Akademikerkinder 520 Punkte (Österreich-Mittelwert: 470 Punkte). Im Vergleich mit PISA 2006 ist der Einfluss des familiären Umfelds noch höher geworden. Seit Jahren kritisieren Experten, dass im österreichischen Schulsystem Bildung „vererbt“ wird und demnach schwächere soziale Schichten schlechtere Chancen haben.

Mehr Migranten – aber keine Erklärung für Absturz

Insgesamt hatten in Österreich rund 15 Prozent der Getesteten einen Migrationshintergrund - das ist ein Zuwachs von rund vier Prozentpunkten gegenüber PISA 2000. Der Anteil der Jugendlichen zweiter Generation hat sich dabei von vier auf elf Prozent fast verdreifacht, jener der ersten Generation ging von sieben auf rund fünf Prozent zurück.

Den Absturz Österreichs erklären kann man damit aber nicht - von den rund 20 Punkten weniger gegenüber den PISA-Tests 2000, 2003 und 2006 könnten statistisch höchstens drei Punkte auf die schlechteren Leseleistungen der Migranten zurückgeführt werden, so BIFIE-Salzburg-Leiterin Claudia Schreiner zur APA.

Bei „Risikoschülern“ überrepräsentiert

Unter den besonders schwachen Schülern („Risikoschüler“) sind Migranten überrepräsentiert: Sie stellen insgesamt 15 Prozent der Schüler, allerdings jeweils 28 Prozent der „Risikoschüler“ im Lesen und der Mathematik sowie 34 Prozent der „Risikoschüler“ in den Naturwissenschaften. In absoluten Zahlen ist ihr Anteil an den „Risikoschülern“ aber eher gering: Zieht man jene insgesamt 34 Prozent der Schüler heran, die in einem der drei Kompetenzbereiche zu den „Risikoschülern“ gehören, haben drei Viertel davon keinen Migrationshintergrund.

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