Rückfall in allen Kategorien
Österreich ist bei der PISA-Studie 2009 im Bereich Lesen stark abgestürzt. Wie die Tageszeitungen „Kurier“ und „Österreich“ Montagnachmittag vorab berichteten, erzielten die österreichischen Schüler bei der Lesekompetenz nur noch 470 Punkte. Österreich rangiert damit unter den 34 teilnehmenden OECD-Staaten auf Platz 31.
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Österreich liegt damit nur noch vor der Türkei, Chile und Mexiko. Offiziell werden die Ergebnisse des internationalen Schülerleistungstests erst am Dienstag präsentiert.
Deutlich zurückgefallen
Vergleicht man dieses Ergebnis mit der letzten PISA-Studie - was laut OECD wegen eines Boykotts während der Testphase im Jahr 2009 nur mit Vorbehalt möglich ist -, hat Österreich 20 Punkte bzw. 15 Plätze eingebüßt. Bei PISA 2006 rangierte Österreich noch auf Platz 16 der teilnehmenden OECD-Länder. An der Spitze bei der Lesekompetenz liegt diesmal laut „Österreich“ wieder Südkorea gefolgt von Finnland und Kanada. Der „Kurier“ berichtet hingegen, auf dem ersten Platz unter allen getesteten Ländern ist Schanghai/China - und das in allen drei Kategorien.
In der Kategorie Naturwissenschaften fällt Österreich nach einer Verbesserung 2006 laut „Kurier“ mit 494 Punkten (2006: 511) auf Rang 30 aller an PISA teilnehmenden Länder (auch Nicht-OECD-Staaten) zurück. In Mathematik erzielte Österreich 494 Punkte (2006: 505), was Platz 24 unter allen Teilnehmern bedeutet.
„Nur mit Vorbehalten“
Die heimischen Ergebnisse hatten bereits im Vorfeld für Diskussionen gesorgt: Die OECD hatte angekündigt, die Österreich-Ergebnisse seien aufgrund der „negativen Atmosphäre“ infolge von Boykottaufrufen während der Testphase „nur mit Vorbehalt zu berichten“, und „von Vergleichen mit den Ergebnissen früherer PISA-Untersuchungen“ für Österreich sei abzusehen.
OECD-Koordinator Andreas Schleicher präzisierte am Donnerstag, dass „90 Prozent des Wertes von PISA da ist“. Es sei aber „sicher schade, dass man exakte Zeitreihen nicht machen kann. Das ist ein großer Verlust.“
Daten „technisch“ in Ordnung
Konkret stößt sich die OECD weniger an den Daten. Diese „entsprechen technisch im vollen Umfang unseren Standards“, bestätigte Schleicher die entsprechende Argumentation des Bundesinstituts für Bildungsforschung (BIFIE), das PISA in Österreich durchführt. Die Daten jener Schüler, die mutwillig boykottiert hätten, seien bereinigt worden. Es gebe aber eine „Grauzone“: „Was bleibt, ist im Grund die glaubhafte Hypothese, dass sich der Boykott insgesamt auf die Motivationslage und die Rahmenbedingungen ausgewirkt hat.“
Grund für die „negative Atmosphäre“ war die Drohung der Lehrergewerkschaft mit einem PISA-Boykott bzw. der Aufruf der ÖVP-nahen Schülerunion dazu. Das erfolgte im Frühjahr 2009 im Zuge des Streits über die Ausweitung der Unterrichtsverpflichtung für Lehrer zwischen der Gewerkschaft und Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ).
Schmied will Reformen
Schmied bezeichnete die durchgesickerten Ergebnisse als „schlecht, sogar sehr schlecht“. Österreich nutze das Potenzial seiner Schüler nicht. Schmied will deshalb das „übliche Ritual“ nach der Präsentation derartiger Bildungsstudien durchbrechen und „sofort an der Umsetzung von notwendigen Reformen arbeiten“, wie sie Montagabend erklärte. Sie hoffe, „durch die Ungeduld, die ich überall spüre, und die mediale Aufmerksamkeit, dass ein Ruck durch die Mannschaft geht“.
Deutsche leicht verbessert
Die deutschen Schulen holten laut Medienberichten im weltweiten Leistungsvergleich leicht auf. Gleichzeitig liegen die getesteten 15-Jährigen aus Deutschland aber immer noch erheblich hinter Gleichaltrigen aus PISA-Spitzenländern wie Finnland und den asiatischen Staaten. Dieser Trend wurde der Deutschen Presse-Agentur bestätigt. Ähnliches berichteten zuvor die Magazine „Focus“ und „Spiegel“.
DGB-Chef Michael Sommer sagte der dpa: „Leichte Verbesserungen sind zu begrüßen, aber wahrlich kein Grund für Euphorie und Entwarnung.“ Von einer „Bildungsrepublik“ sei Deutschland noch meilenweit entfernt. „Die soziale Spaltung im deutschen Bildungssystem ist nach wie vor das größte Problem.“ In kaum einem anderen Industrieland sei „die soziale Selektion“ - die Abhängigkeit von Herkunft und Bildungserfolg - so hoch wie in Deutschland. Experten konstatieren Österreich ähnliche Probleme.
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