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Assange meldet sich aus dem Untergrund

Er ist momentan der meistgesuchte Mensch der Welt: Julian Assange, Gründer der Aufdeckerplattform WikiLeaks, sorgt seit Tagen mit seinen Enthüllungen für Empörung bei den Regierungen rund um den Erdball. Am Freitag ging er in die Offensive und stand für die britische Zeitung „The Guardian“ Rede und Antwort.

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Die Mitteilung, Assange werde am Freitag live die Fragen der „Guardian“-User beantworten, schlug wie eine Bombe ein. Denn die Ankündigung, dass der seit Wochen untergetauchte WikiLeaks-Gründer persönlich Stellung nehmen werde, kam wenige Tage nach den jüngsten Veröffentlichungen von Botschaftspapieren.

Dementsprechend groß war auch das Userinteresse. Schon wenige Minuten nach dem Start des Chats brach die Seite von „Guardian“ zusammen. Ein direkter Livechat war danach nicht mehr möglich, doch der „Guardian“ veröffentlichte wenig später die Antworten Assanges zu ausgewählten Userfragen.

„Die wahren Helden sind die Informanten“

User „Fwoggie“ wollte wissen, ob Assange, ein gebürtiger Australier, wieder in sein Land zurückkehren möchte. Obwohl er sein Land vermisse, sehe er in dieser Hinsicht kaum Chancen, antwortete Assange. Die Premierministerin Julia Gillard habe mehr als deutlich gemacht, dass sie in diesem Fall mit den US-Behörden zusammenarbeiten werde, so Assange. „Das wirft die Frage auf, was es bringt, australischer Staatsbürger zu sein - hat es überhaupt eine Bedeutung?“

Auf die Frage, ob er glaube, dass er die Weltpolitik verändert habe, antwortet Assange, dass die wahren Helden die Informanten seien, ohne die die Journalisten nichts wären. Sollte der junge Soldat Bradley Manning wirklich hinter den Enthüllungen stecken, „dann ist er ohne Zweifel ein Held.“ Den Vorwurf, dass Enthüllungen im Internet Dissidenten oder Informanten schaden könnten, wies Asssange zurück, „nicht einmal das Pentagon“ habe dafür bisher einen glaubwürdigen Beleg geliefert.

Assange will weitermachen

Seine Arbeit sieht Assange auf jeden Fall noch nicht so bald als beendet. „Ich war immer überzeugt davon, dass WikiLeaks eine globale Rolle spielen wird“, erzählt Assange. Das sei erstmals klar geworden, als durch die Veröffentlichung auf seiner Seite die Wahlergebnisse in Nigeria verändert wurden. „Ich dachte immer, es würde nur zwei Jahre dauern statt vier, bis auch andere unsere wichtige Aufgabe wahrnehmen. Wir liegen damit immer noch hinter unserem Zeitplan und haben noch viel Arbeit zu tun.“

Schweden verschickt neuen Haftbefehl

Während Assange Rede und Antwort stand, läuft die Suche nach ihm ungebrochen weiter. Grundlage für die Fahndung sind die Aussagen zweier schwedischer WikiLeaks-Helferinnen, die Assange Vergewaltigung vorwerfen. Eine Anzeige liegt jedoch nicht vor. Der 39-Jährige ist daraufhin untergetaucht. Sein Anwalt Mark Stephens spricht von einer Schmutzkübelkampagne gegen seinen Mandanten und zweifelt die Rechtmäßigkeit des schwedischen Haftbefehls an.

Der Haftbefehl wurde von der Londoner Polizei am Donnerstag wegen Formfehler als unrechtmäßig zurückgeschickt. Doch die schwedische Justiz reagierte rasch und übermittelte den den britischen Behörden inzwischen bereits einen neuen Haftbefehl.

USA prüft Anklage wegen Spionage

Laut seinem Anwalt hält sich Assange schon seit Oktober in Großbritannien auf. Sein genauer Aufenthaltsort sei jedoch geheim. Die Bereitschaft von anderen Staaten, dem Australier im Notfall Asyl zu gewähren, hält sich in Grenzen. Eine Einladung kam bisher nur aus Ecuador - und wurde kurz darauf vom Staatspräsidenten Rafael Correa persönlich zurückgezogen. Zu groß ist die Angst, die USA dadurch zu erzürnen.

Washington prüft bereits mögliche rechtliche Schritte gegen Assange wegen Spionage. Der republikanische Abgeordnete Peter Hoekstra, Mitglied des Geheimdienstausschusses, sieht allerdings nur geringe Chancen auf Erfolg. Die derzeitigen Gesetze seien für eine solche Anklage nicht geschaffen, sagte er dem TV-Sender CNN.  

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