„Ob wir überleben, hängt von euch ab“
Am Freitag erklärte sich WikiLeaks-Gründer Julian Assange bereit, Fragen der Leser der britischen Zeitung „The Guardian“ zu beantworten. Hunderte User stellten vorab ihre Fragen auf der Website der Zeitung, eine kleine Auswahl davon wurde dann von Assange direkt beantwortet.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Der Leser „Isopod“ wollte wissen, ob es notwendig gewesen sei, WikiLeaks durch ihn „ein Gesicht zu geben“. Er selbst sehe sich als „Blitzableiter“ für die Enthüllungsplattform, antwortete Assange. Er habe ursprünglich gewollt, dass WikiLeaks eine Organisation ohne öffentliches Gesicht bleibe, das habe aber nicht funktioniert: „Dadurch gab es viel ablenkende Neugier und zufällige Einzelpersonen, die uns angeblich repräsentierten.“
Assange will Informanten Mut machen
Am Ende müsse jemand verantwortlich sein, betonte der Australier. „Und nur eine Führung, die bereit ist, in der Öffentlichkeit Mut zu zeigen, kann Informanten dazu bewegen, für das Allgemeinwohl Risiken auf sich zu nehmen.“ Daher sei er zum „Blitzableiter“ geworden, sagte Assange: „Jeder Aspekt meines Lebens wird ungebührend angegriffen, aber dann werde ich manchmal auch unverdienterweise als eine Art ausgleichende Kraft dargestellt.“
Todesdrohungen gegen WikiLeaks-Mitarbeiter
Auf die Frage, ob er um sein Leben fürchte, schrieb Assange, dass er nach der Veröffentlichung geheimer US-Diplomatenberichte Todesdrohungen ausgesetzt sei. Er treffe entsprechende Vorkehrungen, um sich zu schützen, soweit das in der Auseinandersetzung mit einer Weltmacht möglich sei, erklärte Assange. Auch andere Mitarbeiter der Enthüllungsplattform hätten Todesdrohungen erhalten.
Zu der Aussage von Tom Flanagan, einem Berater des kanadischen Premiers, man solle Assange töten, sagte dieser, wer sein Leben bedrohe, solle wegen Anstiftung zu einem Verbrechen belangt werden. Auch wies der Australier Vorwürfe zurück, wonach die Enthüllungen im Internet Dissidenten oder Informanten schaden könnten. Niemand, „nicht einmal das Pentagon“, habe dafür bisher einen glaubwürdigen Beleg geliefert.
Rolle des Herausgebers
WikiLeaks betrachte seine Informanten als Helden, ohne deren Einsatz Journalisten unbedeutend wären, schrieb Assange von einem unbekannten Ort aus. Zu seiner eigenen Rolle erklärte er: „Auch wenn ich noch schreibe, recherchiere und untersuche, ist meine Rolle vor allem die eines Herausgebers und Chefredakteurs, der organisiert und andere Journalisten anleitet.“
Aber auch für den Fall, dass ihm doch etwas zustoßen sollte, hat Assange vorgesorgt. Das „Cablegate“-Archiv sei unter 100.000 Personen in verschlüsselter Form aufgeteilt, erklärte Assange. Würde ihm oder einem seiner Mitarbeiter etwas zustoßen, würde es sofort in vollem Umfang veröffentlicht. Zudem sei das Archiv in den Händen vieler Nachrichtenorganisationen. Den Antwortreigen schloss Assange mit folgendem Appell ab: „Die Geschichte wird gewinnen. Die Welt wird zu einem besseren Ort gemacht. Ob wir überleben werden? Das hängt von euch ab.“
Links: