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Solarindustrie bleibt Ausnahmefall

Solarenergie für den Klimaschutz: Als Alternative zu Kohle- und Atomkraftwerken und nicht zuletzt durch großzügige Förderungen ist die Energiegewinnung aus der Sonne im Aufwind. Allerdings schwelt schon länger ein Streit darüber, ob für die Herstellung von Solarzellen giftige Schwermetalle verwendet werden dürfen.

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Wie die deutsche „taz“ berichtete, ist Cadmiumtellurid in rund 15 Prozent aller Solarzellen enthalten. Die Befürworter argumentieren mit Klimaschutz und Nachhaltigkeit. Die Gegner fürchten enorme Rückstände giftiger Substanzen. Das Europäische Parlament stimmte am Mittwoch der Neufassung der schon bestehenden RoHS-Richtlinie (Restriction of Hazardous Substances Directive) über die Verwendung gefährlicher Stoffe in Elektro- und Elektronikgeräten zu.

Kommission pocht auf Klimaschutz

Schon bisher ist geregelt, dass Elektrogeräte mit Schadstoffen ohnehin nicht im normalen Müll landen dürfen. Verboten ist auch, Substanzen wie Blei, Cadmium und Quecksilber in elektrischen Geräten zu verwenden. Mit der Änderung der seit 2004 bestehenden Richtlinie wird das Verbot auf mehr Geräte als bisher ausgeweitet. Allerdings sollen Ausnahmen gemacht werden, wenn es keine anderen Substanzen gibt, die die giftigen ersetzen könnten. Höchst umstritten ist die Ausnahmeregelung für die Solarindustrie, die nun auch vom EU-Parlament bestätigt wurde.

Die EU-Kommission hatte beantragt, dass die Änderung der RoHS-Richtlinie im Einklang mit den Klimazielen der EU stehen müsse und Ausnahmen daher notwendig seien: „Diese Richtlinie darf daher der Entwicklung von Technologien für erneuerbare Energiequellen nicht entgegenstehen (...) wie etwa photovoltaischen Solarzellen, die vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie ausgenommen werden sollten.“

Erfolgreiches Lobbying

Damit dürfen Hersteller von Solarzellen weiterhin das giftige Schwermetall Cadmium einsetzen, das etwa die US-Umweltbehörde EPA und die Internationale Agentur zur Krebsforschung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als krebserregened bezeichnen.

Solarzellen

First Solar, Inc.

Eine Freiflächenanlage der Firma First Solar in Dimbach (Deutschland).

Das politische Lobbying des Weltmarktführers First Solar hat sich offenbar ausgezahlt. Denn im Gegensatz zu anderen Herstellern wie dem deutschen Rivalen Solarworld, der für Solarzellen auf Silizium zurückgreift, verwendet das US-Unternehmen das Schwermetall Cadmium für seine Dünnschichtsolarmodule.

Den Sonderstatus für die Solarindustrie sieht auch der deutsche FDP-Umweltpolitiker Holger Krahmer im Interview mit dem Deutschlandradio kritisch. Er habe den Verdacht, „dass da so eine Art politischer Naturschutz ist, den wir um diese Branche ziehen, weil eben erneuerbare Energien wichtig sind für Klimaschutzziele und energiepolitische Ziele“.

Warnungen aus der Branche

Dabei hatten sogar führende Unternehmen der Branche, die auf das unschädliche Silizium als Grundsubstanz setzen, selbst ein Cadmiumverbot von der EU-Kommission gefordert - aus Sorge, für enorme Mengen hochgiftiger Stoffe in Photovoltaikprodukten verantwortlich gemacht zu werden. Auch Wissenschaftler forderten ein Verbot, da es ausreichend Ersatzstoffe gebe.

Energie aus der Sonne

Die Photovoltaikenergie wandelt mit Solarzellen Sonnenenergie in elektrische Energie um. Der Name setzt sich aus dem altgriechischen Wort phos (Licht) und der Einheit für elektrische Spannung, Volt, benannt nach dem Physiker Alessandro Volta, zusammen.

Der deutsche Experte Jürgen Werner vom Institut für Physikalische Elektronik an der Universität Stuttgart etwa warnt schon länger davor, für ein Produkt für ökologisch orientierte Kunden Schwermetalle zu verwenden. Hier finde „eine großflächige Verbreitung von giftigen Stoffen“ statt.

Grüne stimmen mit

Auch für den australischen Solarforscher Martin Green wirft die Verwendung von Cadmiumtellurid im Interview mit dem Fachmagazin „photovoltaik“ Fragen auf wie etwa nach der Toxizität von Cadmium und der Verfügbarkeit von Tellur. Diese Technologie sei aber derzeit noch wirtschaftlicher als das Verfahren mit Silizium.

Selbst für grüne Politiker liegen die Vorteile von Cadmium auf der Hand. Denn Cadmiumsolarmodule hätten insgesamt eine bessere Umweltbilanz als die Siliziummodule. Die Sozialdemokraten im EU-Parlament zeigten sich skeptischer vor allem hinsichtlich der Entsorgung. Sie hatten Bedenken, ob die Entsorgung durch die freiwillige Rücknahmepflicht der Industrie ausreichend gewährleistet sei.

Rot und Grün trösteten sich nun mit der nächsten Revision der Richtlinie: Eine Klausel sieht vor, dass in drei Jahren geprüft werden solle, ob auch Schadstoffe wie PVC-Weichmacher und Flammschutzmittel verboten werden sollen. Ob dann noch einmal eine Diskussion über das Verbot von Cadmiumtellurid für Solarzellen entsteht, ist fraglich.

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