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Kammer geißelt hohe Gebühren

Die Wiener Rechtsanwaltskammer findet kaum ein gutes Haar am Justizbudget. Bei einer Pressekonferenz am Donnerstag wetterte das Präsidium angesichts geplanter Gebührenerhöhungen gegen „Raubrittertum“ und kritisierte unter anderem die Verkürzung des Gerichtsjahres sowie Änderungen im Strafrecht.

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Generell würden die in Aussicht gestellten Maßnahmen den Bürgern den Zugang zum Recht erschweren, resümierte Rechtsanwaltskammer-Präsident Michael Auer. Neben den bereits seit dem Vorjahr angehobenen Gebühren für Aktenkopien geißeln die Anwälte die nun geplante Verteuerung von Grund- und Firmenbuchabfragen bzw. Eintragungen ins Grundbuch.

Das Gebührenwesen der Justiz erschwere insgesamt den Zugang zum Rechtsstaat maßgeblich, wird kritisiert. Vizepräsident Stefan Prochaska sieht hier bereits eine Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren laut Europäischer Menschenrechtskonvention.

Was ist eine „Datei“?

Zugleich wird vonseiten der Justiz die Umsetzung des elektronischen Akts urgiert. Doch selbst wenn dieser einmal auf allen Ebenen Realität würde, vermisst Auer eine Präzisierung, was das Ministerium unter einer „Datei“ versteht. Deren Zustellung soll laut Entwurf des Budgetbegleitgesetzes nämlich einen Euro kosten. Die Rechtsanwälte würden aber gerne wissen, ob darunter der ganze Akt zu verstehen ist oder auch nur „einige Zeilen“.

Weiterer Kritikpunkt: Neue „Zwangsstrafen“ von maximal 3.600 Euro für die verspätete Abgabe von Jahresabschlüssen für im Firmenbuch eingetragene Unternehmen, so Prochaska. Der Staat würde so maximal 108 Millionen Euro einheben können - gesetz des Falles, dass die Hälfte der rund 60.000 betroffenen Firmen weiterhin säumig ist und ihre Bilanzen verspätet einreicht. Die Neuregelung der Kostenentscheidung stößt ebenfalls auf Ablehnung: Demnach wüssten die Verfahrensbeteiligten erst nach sämtlichen Rechtsgängen, welchen Kostenersatz das erstinstanzliche Gericht festsetzt.

Gegen Aus für verhandlungsfreie Zeiten

Von der Verkürzung des „Gerichtsjahres“ auf fünf Monate (statt bisher neun) bei gleichzeitiger Verringerung des Entgelts halten die Rechtsanwälte ebenfalls nichts. „Hier wird wieder einmal am falschen Ort, bei Bildung und Ausbildung, gespart“, sagte Vizepräsidentin Brigitte Birnbaum. Und auch die Abschaffung der verhandlungsfreien Zeit im Sommer und über Weihnachten will die Wiener Kammer nicht hinnehmen.

„Unfassbar“ finden die Anwälte auch die geplante Straffreiheit bei leichter fahrlässiger Körperverletzung. Demnach soll dieser Tatbestand nur noch angeklagt werden, wenn das Opfer mehr als zwei Wochen verletzt ist.

Ministerium weist Kritik zurück

Das Justizministerium wies die Kritik der Anwälte zurück. Bezüglich der Grundbuchgebühren etwa verwies das Büro von Ministerin Claudia Bandion-Ortner auf die geplante „Flat Rate“, was "transparenter und für den Bürger übersichtlicher sei. Die Kritik an der Abschaffung der verhandlungsfreien Zeit kann man gar nicht verstehen. Da habe man Richter und Staatsanwälte hinter sich.

Die Strafen für das verspätete Abliefern des Jahresabschlusses seien gerechtfertigt, schließlich sei es wohl nicht zu viel verlangt, gesetzliche Vorgaben einzuhalten, hieß es weiters aus dem Ministerium.

Und bezüglich des verkürzten Gerichtsjahres und der Entgeltkürzung wird auf eine Einschulungsphase im ersten Monat verwiesen. Zudem gebe es für „aussichtsreiche Bewerber“ auch künftig die Möglichkeit einer Verlängerung. Die geplante Straffreiheit bei leichter fahrlässiger Körperverletzung schließlich spare zwar Geld, sei aber auch eine rechtspolitische Maßnahme: Nicht alles müsse vor Gericht landen - „da geht es oft um blaue Flecken“.

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