„Nicht für Spekulation geeignet“
Die Staatsanwaltschaft Wien will den Vorstandschef des börsennotierten Mineralölkonzerns OMV, Wolfgang Ruttenstorfer, wegen Insiderhandels anklagen. „Die Staatsanwaltschaft hat sich der Meinung der FMA angeschlossen“, sagte der OMV-Chef am Mittwoch selbst im Gespräch mit der APA. Die Staatsanwaltschaft Wien bestätigte die Anklageerhebung.
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Bei dem Fall ging es um einen Aktienkauf des OMV-Chefs vor rund eineinhalb Jahren unmittelbar vor dem Ausstieg der OMV beim ungarischen Konkurrenten MOL. „Ich bin überzeugt, dass der Aktienkauf damals korrekt und im Einklang mit den Vorschriften erfolgte“, sagte Ruttenstorfer. Nun muss der Aufsichtsrat über den Verbleib des OMV-Chefs entscheiden. Ruttenstorfer selbst gab sich am Mittwoch überzeugt, im Amt zu bleiben. Sein Vertrag läuft im April 2011 aus.
Die FMA hatte bei den insgesamt sechs im Vorjahr durchgeführten Untersuchungen wegen Insiderhandels auch einen Verkauf von Aktien durch Ruttenstorfer unter die Lupe genommen. In diesem Fall (wie in drei anderen) schaltete die FMA auch die Staatsanwaltschaft ein.
Aktien im Wert von 632.000 Euro
Ruttenstorfer hatte am 23. März 2009 für rund 632.000 Euro OMV-Aktien erworben. Davor hatte er am 18. März dem „profil“ ein Interview gegeben, das am 23. März, dem Tag des Aktienkaufs, veröffentlicht wurde. Darin erklärte Ruttenstorfer, dass die OMV den 21,2-Prozent-Anteil an der ungarischen MOL noch bis Jahresende halten werde. Eine Woche später, am 30. März, verkaufte die OMV überraschend ihre MOL-Beteiligung an die russische Surgutneftegas, woraufhin die OMV-Aktie stieg.
Für FMA nicht glaubwürdig
Ob sich OMV-Generaldirektor Wolfgang Ruttenstorfer tatsächlich des Insiderhandels mit OMV-Aktien schuldig gemacht hat, hängt vor allem davon ab, wann er gewusst hat, dass die OMV ihre 21,2-Prozent-Beteiligung am ungarischen Mineralölkonzern MOL an den russischen Konzern Surgutneftegas verkaufen würde. Laut OMV kam der Deal im Wert von 1,4 Mrd. Euro sehr kurzfristig und überraschend zustande. Die Finanzmarktaufsicht (FMA) findet diese Darstellung nicht glaubwürdig und erstattete Anzeige bei der Staatsanwaltschaft.
Ruttenstorfer hatte wiederholt beteuert, dass die Verhandlungen mit den Russen erst am 26. März begonnen hätten, jedoch gab es schon am 15. März in Wien am Rande eines OPEC-Treffens erste Kontakte mit Surgutneftegas, angeblich aber noch nicht zum OMV-Anteil an der MOL. Ende Juli 2010 hatte die FMA die Erhebungen beendet und einen Bericht an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet. Darin hält die FMA die Argumentation Ruttenstorfers, dass er den Kursgewinn nicht zu Geld gemacht habe, für irrelevant. Es gehe nicht darum, ob ein Gewinn erzielt wurde, sondern darum, ob eine missbräuchliche Verwendung von Insiderinformationen vorliege, heißt es.
Ruttenstorfer begrüßt Entscheidung
Laut Ruttenstorfer erfolgte der umstrittene Aktienkauf im Rahmen eines langfristigen Incentive-Programms (Bestandteil der Vorstandsvergütung, Anm.) der OMV. Die Wertpapiere müsse er noch drei Jahre halten. Daher seien sie „für kurzfristige Spekulationen“ nicht geeignet. Dennoch begrüße Ruttenstorfer die Entscheidung der Justiz, um sich in einem „fairen Gerichtsverfahren“ verteidigen zu können.
Im Ö1-Abendjournal betonte Ruttenstorfer, dass er auch gegen eine von der FMA verhängte Verwaltungsstrafe in Höhe von 20.000 Euro wegen Marktmanipulation aufgrund der Aktiendeals berufe werde - mehr dazu in oe1.ORF.at.
Der zuständige Richter am Landesgericht muss nun nach Angaben des Sprechers der Staatsanwaltschaft, Thomas Vecsey, die Hauptverhandlung ansetzen, was bisher noch nicht erfolgt ist. Insiderhandel wird mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren bedroht. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Aufsichtsratschef Michaelis „überrascht“
Der Vorsitzende des OMV-Aufsichtsrats und ÖIAG-Chef Peter Michaelis zeigte sich auf Basis der vorliegenden Gutachten „überrascht über die Entscheidung der Staatsanwaltschaft“. Nach heutigem Kenntnisstand gehe er davon aus, dass „der Aktienkauf korrekt und im Einklang mit den gesetzlichen Vorschriften“ erfolgt sei, sagte eine Michaelis-Sprecherin laut APA. Wie Michaelis gegenüber dem Ö1-Abendjournal mitteilte, wird sich der OMV-Aufsichtsrat beim turnusmäßigen Treffen am Donnerstag nächster Woche mit der Causa befassen.
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