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„Beispielloser politischer Druck“

Mit scharfer Kritik hat das Außenministerium in Moskau auf die Auslieferung des russischen mutmaßlichen Waffenschmugglers Viktor Bout von Thailand an die USA reagiert. Die Entscheidung der Behörden in Bangkok sei auf „beispiellosen politischen Druck“ der US-Regierung zustande gekommen und somit gesetzwidrig.

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Das sagte Außenminister Sergej Lawrow am Dienstag nach Angaben der Agentur Interfax. Die Unabhängigkeit des thailändischen Justizsystems müsse nach einer solchen „Einmischung“ infrage gestellt werden.

Viktor Bout mit Sicherheitskräften auf einem Flughafen

APA/EPA

Bout schwer bewacht auf einem Flughafen in Bangkok

Auch Bouts Ehefrau Alla kritisierte die Auslieferung. „Alles wurde hastig und heimlich abgewickelt, wie Diebe das machen. In dieser Situation hat die thailändische Regierung wie eine amerikanische Marionette agiert.“ Der als „Händler des Todes“ bekannte Bout war am Dienstag nach zweieinhalbjährigem juristischen Tauziehen von Thailand ausgeliefert worden. Die USA betrachten den 43-Jährigen als einen der größten Waffenhändler weltweit.

In Washington gibt man sich trotz der Kritik gelassen. „Ich erwarte nicht, dass dies irgendeinen Einfluss auf unser Verhältnis zu Russland haben wird“, sagte US-Außenamtssprecher Philip Crowley am Dienstag (Ortszeit) vor Journalisten. Russland und die USA seien sich „bei einer Zahl von Themen darüber einig, uneins zu sein“, ergänzte er. Es gebe gelegentlich Spannungen. „Wir arbeiten daran, sie zu bewältigen.“

Moskau wollte Auslieferung verhindern

Moskau versuchte bis zuletzt, ein Gerichtsverfahren gegen Bout in den USA zu verhindern. Der mutmaßliche Waffenhändler steht im Verdacht, auch mit russischen Geheimdiensten Geschäfte gemacht zu haben. Vermutet wird, dass Russland befürchtet, Bout könnte im Prozess Details über die Arbeit der Geheimdienste ausplaudern. Die Auslieferung wird damit auch zu einer Belastung der Beziehungen zwischen Moskau und Washington - dabei hatte erst im Sommer das Auffliegen eines russischen Spionagerings in den USA, das Verhältnis schwer getrübt. In der Folge war es dann zum Agententausch in Wien gekommen - dem größten seit Ende des Kalten Krieges.

Für Bangkok brisant

Der Fall ist für Thailand politisch brisant: Die USA sind ein traditioneller Verbündeter des Königreichs, aber Thailand legt auch Wert auf gute Beziehungen zu Russland.

Thailands Ministerpräsident Abhisit Vejjajiva hatte zuvor mitgeteilt, dass seine Regierung die Auslieferung beschlossen habe. Der weltweit gesuchte mutmaßliche Waffenhändler war im März 2008 von US-Agenten in Bangkok gefasst worden. Die USA beschuldigen den auch als „Händler des Todes“ apostrophierten Russen unter anderem der Verschwörung zum Mord an US-Bürgern und der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung. Bei einer Verurteilung droht Bout, der Vorbild für den Film „Lord of War - Händler des Todes“ mit Nicolas Cage gewesen sein soll, eine lebenslange Haftstrafe. Er beteuert seine Unschuld und gibt an, legal im Flugfrachtgeschäft tätig gewesen zu sein.

Waffen für alle, die zahlen können

Der ehemalige russische Luftwaffenoffizier hatte mit einer ganzen Flugzeugflotte und Kontakten aus seiner Zeit bei der sowjetischen Luftwaffe Waffen in Osteuropa gekauft und sie in der ganzen Welt weiterverkauft.

Nach Angaben von US-Behörden soll er unter anderem versucht haben, Luftabwehrraketen an die kolumbianische FARC zu verkaufen. Er soll auch die radikal-islamischen Taliban in Afghanistan und das Terrornetzwerk Al-Kaida sowie marxistische Rebellen in Südamerika und den früheren liberianischen Präsidenten Charles Taylor, der heute wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor Gericht steht, mit Waffen versorgt haben. Doch auch die USA sollen von Bout beliefert worden sein. So schrieb die CIA-nahe Jamestown-Stiftung in Washington, Bout habe in den ersten Monaten des Irak-Krieges Waffen zu den US-Truppen nach Bagdad transportiert.

Mit Falschinformation angelockt

US-Ermittler, die vorgaben, für die FARC Waffen kaufen zu wollen, hatten Bout nach Thailand gelockt. Er wurde im März 2008 in einem Hotel in Bangkok gefasst, nachdem er weltweit gesucht worden war. Nach Angaben der Ermittler bot Bout den falschen Rebellen über einen Mittelsmann Boden-Luft-Raketen und Hubschrauber an. Bouts Bruder Sergej verteidigte den Waffenhändler als „normalen Geschäftsmann“. Sein Bruder transportiere „nur Güter“, sagte Sergej Bout nach dessen Verhaftung. Er verglich seinen Bruder mit einem Taxifahrer, der nichts für den Inhalt der Koffer seiner Kunden könne.

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