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Nirgends mehr in Sicherheit

Tausende Anhänger des dunklen Lords marschieren in SS-ähnlichen Uniformen und bauen ein Regime auf, in dem „Schlammblütler“ und „Muggels“ um ihr Leben fürchten müssen: In der Verfilmung des siebenten Teils der Harry-Potter-Saga zeichnet Regisseur David Yates ein düsteres Bild der einst so romantischen Zauberwelt.

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Daniel Radcliff (Harry Potter), Emma Watson (Hermine Granger) und Rupert Grint (Ron Weasley) sind vor den Augen eines Millionenpublikums erwachsen geworden: Über zehn Jahre hinweg stand das Trio für die insgesamt acht Potter-Filme vor der Kamera. Weil der letzte und längste Band von Joanne K. Rowlings Romanserie unmöglich auf normale Spielfilmlänge zu kürzen war - böse Zungen sprechen von einer ausgefeilten Marketingstrategie -, wurde die Verfilmung in zwei Teile gesplittet, die nun im Abstand von einem halben Jahr in den Kinos zu sehen sein werden.

Filmszene aus "Harry Potter und die Heiligtümer des Todes"

2010 Warner Bros. Ent. Harry Potter Publishing Rights

Voldemort und Harry Potter kämpfen auf Leben und Tod.

Schon vor der Veröffentlichung des finalen Potter-Bandes im Sommer 2007 war die Spannung groß: Wer wird den Kampf zwischen Gut und Böse für sich entscheiden können? Welche der lieb gewonnenen Charaktere überleben die tödliche Schlacht, wer muss sein Leben lassen? Echte Fans wissen jetzt, zu Kinostart, natürlich längst bestens über den Ausgang des Zauberepos Bescheid, doch das tut weder der Vorfreude noch der Spannung des Films Abbruch.

Auf der Suche nach der bösen Seele

Yates greift für seine Verfilmung die düstere Grundstimmung der Buchvorlage auf und schickt Harry Potter mit seinen Freunden auf die lange und gefährliche Suche nach den sieben Teilen der dunklen Seele von Lord Voldemort. Anders als in den vorangegangenen Teilen sind Harry, Hermine und Ron dabei weitgehend auf sich alleine gestellt: Die Zeit, in der sie auf die Hilfe ihrer Lehrer, allen voran Albus Dumbledore, zählen konnten, sind endgültig vorbei.

Das Trio wandert durch spektakuläre britische Landschaften, die gleichermaßen unheimlich schön und trostlos verlassen wirken. Die beklemmende Atmosphäre spiegelt das um sich greifende Regime der dunklen Seite der Macht wider: Todesser sitzen mittlerweile in Schlüsselpositionen im Zaubereiministerium und foltern und verfolgen mit Brutalität muggelgeborene Zauberer und Hexen. Der Film spielt ganz bewusst mit Analogien zu Nazi-Zeit und Rassismusdebatten. Farbdramaturgie, Kostüme und Musik lassen keinen Zweifel daran, woran sich Regie und Autorin in der Verortung des Stoffs orientiert haben.

Heiße Kussszene zwischen Harry und Hermine

Die ständige Angst und Unsicherheit stellt die jungen Zauberer auf eine harte Probe und bringt auch zwischen den Freunden Misstrauen und Eifersucht zum Vorschein. Die Beziehung zwischen Ron und Hermine steht auf der Kippe und in einer eifersuchtsgetriebenen Alptraumsequenz darf Potter seine beste Freundin schließlich sogar leidenschaftlich küssen.

In „Harry Potter und die Heiligtümer des Todes“ ist nicht mehr viel übrig von der kuscheligen Hokuspokuswelt und den relativ harmlosen Monstern der ersten Teile. Am vergleichsweise schlichten Plot hängen jedoch mittlerweile so viele längst eingeführte Figuren, vorangegangene Nebenhandlungen und Details des Potter-Universums, dass kein Neuling mehr Zugang finden kann. Man spürt auch gar keine Versuche mehr, diese siebente Folge des Langzeitprojekts aus sich heraus verständlich zu halten.

Filmhinweis

„Harry Potter und die Heiligtümer des Todes - Teil 1“ ist ab 18.11.2010 österreichweit in den Kinos zu sehen.

Dass der Film trotz seiner Länge von fast zweieinhalb Stunden nur ein halber letzter Teil ist, wird auch in der Dramaturgie deutlich spürbar: Der Höhepunkt - Lord Voldemort am Gipfel der Macht - steht anstelle eines echten Showdowns am Ende des Films und lässt das Publikum im wahrsten Sinne des Wortes an der Klippe zurück - von einer Hoffnung auf ein Happy End fehlt jede Spur. Das soll dann erst das wirkliche, endgültige Ende im Sommer 2011 mit sich bringen.

Sophia Felbermair, ORF.at

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