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Hilfeschrei Portugals

Kurz vor dem Treffen der Euro-Finanzminister in Brüssel steht Europa in der Schuldenkrise vor einer Zerreißprobe. Griechenland warf der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel am Montag vor, mit ihren Vorschlägen zu einer Insolvenzordnung für EU-Staaten finanzschwache Länder in die Pleite zu treiben. „Das könnte vielen das Rückgrat brechen“, sagte Regierungschef Giorgos Papandreou.

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Genau hier hakte Montagnachmittag der portugiesische Finanzminister Fernando Teixeira dos Santos nach. Inmitten der Spekulationen über Milliardenhilfen der EU für Irland deutete er gegenüber der „Financial Times“ nun überraschend auch Portugal eine mögliche Hilfsbedürftigkeit an. Es gebe ein hohes Risiko, dass sein Land um ausländische Hilfe nachfragen müsse, sagte Teixeira dos Santos.

„Das Risiko ist hoch, weil wir nicht nur einem nationalen oder Landesproblem gegenüberstehen“, sagte er. „Es sind die Probleme von Griechenland, Portugal und Irland. Es ist nicht ein Problem nur unseres Landes.“ Weil die Aussagen die ohnehin nervösen Investoren naturgemäß weiter verunsicherten, musste Texeira dos Santos am Dienstag bereits wieder zurückrudern und betonen, Portugal werde keine EU-Hilfe beantragen.

Der griechische Regierungschef Papandreou hatte am Montag vor allem Merkels Forderung kritisiert, dass sich Banken und Anleger künftig an möglichen Staatspleiten oder Schuldenerlassen beteiligen sollen. „Wissen Sie, was die Antwort auf diesen Vorschlag war? Das hat eine Spirale ausgelöst: Die Risikoaufschläge für scheinbar in Schwierigkeiten steckende Staaten sind noch einmal gestiegen. Zum Beispiel für Portugal und Irland“, sagte Papandreou in einer Rede an die Sozialistische Internationale in Paris, die das griechische Fernsehen übertrug.

Das Berliner Dilemma

Die schwarz-gelbe Koalition will vermeiden, dass der 2013 auslaufende Euro-Rettungsschirm in seiner jetzigen Form weitergeführt wird und Deutschland dauerhaft für die Schulden in anderen Euro-Staaten bürgen muss. Berlin will deshalb, dass sich Käufer von Staatsanleihen an den Kosten künftiger Euro-Krisen beteiligen müssen.

Merkel: „Es geht um alles“

Merkel hielt ihrerseits - auf dem CDU-Parteitag in Karlsruhe - dagegen: „Es ist unsere Aufgabe, eine neue Stabilitätskultur in Europa zu verankern“, rief sie den CDU-Delegierten zu. Sie unterstrich die Bedeutung solider Staatsfinanzen im Währungsgebiet: „Es geht um alles: Denn scheitert der Euro, dann scheitert Europa.“ Wie private Gläubiger ab Mitte 2013 in mögliche Staatsumschuldungen einbezogen werden könnten, ist allerdings auch innerhalb der Berliner Koalition noch umstritten. So warnte Bayerns Finanzminister Georg Fahrenschon (CSU) vor einem Rückzug privater Investoren aus Staatsanleihen.

Die EU ist laut EZB-Ratsmitglied Ewald Nowotny daran interessiert, das Problem rasch zu lösen. Es müsse vermieden werden, dass Länder wie Spanien und Portugal mit in den Strudel gerissen würden, betonte der österreichische Notenbankchef. Der im Mai aufgelegte Fonds der EU und des IWF ist mit 750 Milliarden Euro üppig bestückt und soll klammen Euro-Staaten aus der Patsche helfen.

Athen ringt um Sparkurs

Unterdessen spitzt sich auch die Lage in Griechenland zu. Papandreous Regierung ringt um ihren Sparkurs. Das Finanzministerium kündigte an, es halte an dem Ziel fest, bis 2014 den Fehlbetrag auf drei Prozent der Wirtschaftsleistung zu drosseln, wie es mit IWF und EU vereinbart wurde. 2010 liege das Defizit bei 9,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, 2009 waren es nach jüngsten Daten der europäischen Statistikbehörde Eurostat sogar 15,4 Prozent.

Die Neuverschuldung lag im Vorjahr damit fast zwei Prozent höher als bisher angegeben. Die neuen Zahlen von EU-Statistikamt Eurostat kamen nicht überraschend. Seit Wochen wurde in der griechischen Presse darüber berichtet, auch die die EU-Kommission hatte höhere Zahlen erwartet. EU-Währungskommissar Olli Rehn betonte, dass nun die griechischen Zahlen endlich glaubwürdig seien und sprach diesbezüglich von einem „Durchbruch“.

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