Erste Verfahren seit über 100 Jahren
In Europa und den USA finden die ersten Prozesse gegen Piraten statt. In Virginia müssen sich zurzeit fünf Somalier verantworten, die im April am Horn von Afrika auf ein US-Kriegsschiff gefeuert haben sollen. Im Juni verurteilte ein niederländisches Gericht fünf Somalier wegen Piraterie zu je fünf Jahren Haft. Derzeit stehen zehn Piraten in Deutschland vor Gericht.
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Einer der führenden US-Seerechtsexperten, Eugene Kontorovich, sagte dem US-Sender ABC, das Verfahren in Norfolk (Virginia) sei vermutlich der erste Piraterieprozess seit 1861. In jenem Jahr begann der amerikanische Bürgerkrieg. 13 Seeräuber aus dem Süden waren damals vor einem Gericht in New York angeklagt. Weil sich die Geschworenen aber auf kein Urteil einigen konnten, wurden die Männer später im Austausch gegen Angehörige der Nordstaatenarmee freigelassen.
Die fünf Männer waren nach den Schüssen auf das US-Kriegsschiff „USS Nicholas“, das sie für einen Frachter hielten, festgenommen und in die USA gebracht worden. Die Staatsanwaltschaft listet 14 Anklagepunkte auf, darunter Piraterie und versuchte Plünderung eines Schiffes. Die Männer hätten bei ihrer Festnahme automatische Waffen und einen Granatwerfer bei sich gehabt. Das Verfahren wird voraussichtlich einen Monat dauern.
Fünf Piraten in den Niederlanden verurteilt
Beim ersten Verfahren gegen somalische Seeräuber, das in Europa stattfand, sahen es die Richter in Rotterdam als erwiesen an, dass die fünf Männer im Jänner 2009 ein Frachtschiff im Golf von Aden überfallen hatten. Die Staatsanwaltschaft verlangte Haftstrafen von sieben Jahren, der Vorsitzende Richter argumentierte jedoch, die schwierigen Verhältnisse in Somalia hätten dazu beigetragen, dass die Männer zu Piraten geworden seien.
Die fünf Angeklagten hatten den Vorwurf der Piraterie bestritten. Sie seien nichts weiter als einfache Fischer, deren defektes Boot in Seenot geraten sei. Hilfesuchend hätten sich die Männer an den Frachter „Samanyolu“ gewandt - und nicht in der Absicht, das Schiff zu überfallen. Einer der Angeklagten sagte allerdings, bittere Armut habe ihn „in diese Lage gebracht“. Seine Kinder würden Hunger leiden.
Sie hätten das Schiff wegen der Gegenwehr der Besatzung zwar nicht entern können, die Absicht sei aber „völlig eindeutig“ gewesen, argumentierte hingegen die Staatsanwaltschaft. Die Besatzung der „Samanyolu“ und ein dänischer Marinehubschrauber hatten das Schnellboot der Somalis in Brand geschossen und versenkt. An Bord einer dänischen Fregatte sollen die Männer dann zugegeben haben, Seeräuber zu sein.
Prozesse in Deutschland, Frankreich und Spanien
Mit dem Prozess wollten die Niederlande einen Beitrag für den internationalen Kampf gegen die Seeräuberei im Golf von Aden leisten, erklärte Justizminister Ernst Hirsch Ballin. Der Prozess wurde von der Staatsanwaltschaft in Hamburg mit Interesse verfolgt. Denn am Montag begann dort ebenfalls ein Piraterieprozess. Die Männer waren Anfang April bei einer Befreiungsaktion der niederländischen Marine auf dem deutschen Containerschiff „Taipan“ überwältigt und festgenommen worden. Ihnen drohen bis zu zwölf Jahre Haft. Auch in Frankreich und Spanien warten Somalis auf Prozesse wegen Seeräuberei.
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