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Neuregelung soll Kosten sparen

Fahrlässige Körperverletzung soll künftig nur mehr angeklagt werden, wenn das Opfer mehr als zwei Wochen verletzt ist. Sowohl die Rechtsanwälte als auch der Strafrechtsexperte Helmut Fuchs kritisieren diese im Budgetbegleitgesetz der Justiz enthaltene Neuregelung, berichtete die „Presse“ (Dienstag-Ausgabe).

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Betreffen wird sie vor allem Opfer leichter Verkehrsunfälle, die künftig ihr Schmerzensgeld selbst einklagen müssen. Die geplante Neuregelung findet sich im Entwurf zum Budgetbegleitgesetz. Bisher gibt es schon ab drei Tagen Beeinträchtigung ein Strafverfahren, künftig erst bei Verletzungen mit mindestens 14-tägigen Folgen.

Opfer müssen selbst klagen

Leichte Verletzungen wie Prellungen, Schnitte oder Peitschenschlagsyndrom werden also straffrei - nur bei schweren Körperverletzungen wie Brüchen oder bei schwerwiegender Schuld des Täters, z. B. alkoholisiertem Fahren, bleibt alles beim Alten.

Die Neuregelung soll Kosten sparen. Denn weniger Fälle bedeuten auch weniger Sachverständigengutachten - die der Staat zahlen muss, wenn das der Verurteilte nicht kann oder wenn es zu keiner Verurteilung kommt, hieß es aus dem Kabinett von Justizministerin Claudia Bandion-Ortner.

„Der Verletzte wird künftig das Kostenrisiko tragen“, kritisierte Elisabeth Rech, Vizepräsidentin der Wiener Rechtsanwaltskammer. Denn bisher können sich Opfer dem Strafverfahren anschließen, um zu Schmerzensgeld zu kommen. Künftig müssen sie selbst den Zivilrechtsweg gehen.

„Nichts Harmloses“

Auch Fuchs, Vorstand des Instituts für Strafrecht am Wiener Juridicum, steht der Änderung zurückhaltend gegenüber. Denn auch wenn jetzt häufig bei fahrlässiger Körperverletzung statt einer Anklage eine diversionelle Maßnahme - wie z. B. Bußgeld - verhängt werde, sei das ein Akt der staatlichen Aufklärung. Und eine bis zu 14 Tage dauernde Körperverletzung sei nichts Harmloses, meinte Fuchs.

Fuchs und Rech kritisieren auch die ebenfalls im Budgetbegleitgesetz enthaltene Abschaffung der bedingten Geldstrafe im Strafrecht. Man solle den Richtern bei den Strafmaßnahmen die freie Wahl lassen, forderte Fuchs. Die Rechtsprechung schätze die „kriminalpolitische Effektivität“ der bedingten und unbedingten Geldstrafe geringer ein als jene der bedingten Freiheitsstrafe, heißt es dazu in den Erläuterungen zum Entwurf.

Bandion-Ortner verteidigt Maßnahme

Justizministerin Claudia Bandion-Ortner verteidigte am Dienstag dagegen die geplante Gesetzesänderung. „Ich bin der Meinung, es muss nicht alles vor dem Strafrichter landen. Wir müssen überlegen, ob der Ermittlungsaufwand auch dem Unrechtsgehalt einer Tat entspricht. Ich möchte die leicht fahrlässige Körperverletzung entkriminalisieren“, sagte Bandion-Ortner in Brüssel nach dem EU-Justizministerrat. Sie betonte, dass mit Vorsatz begangene Delikte - etwa eine Wirtshausrauferei - und ein Autounfall unter Alkoholeinfluss nicht straffrei gestellt werden.

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