Themenüberblick

Somalische Piraten vor Gericht

In Europa finden die ersten Prozesse gegen Piraten statt. Im Juni verurteilte ein niederländisches Gericht fünf somalische Staatsbürger wegen Piraterie zu je fünf Jahren Haft. Demnächst müssen sich zehn nach Deutschland ausgelieferte mutmaßliche Seeräuber aus Somalia vor dem Hamburger Landgericht verantworten.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Beim ersten Verfahren gegen somalische Seeräuber, das in Europa stattfand, sahen es die Richter in Rotterdam als erwiesen an, dass die fünf Männer im Jänner 2009 ein Frachtschiff im Golf von Aden überfallen hatten. Die Staatsanwaltschaft verlangte Haftstrafen von sieben Jahren, der Vorsitzende Richter argumentierte jedoch, die schwierigen Verhältnisse in Somalia hätten dazu beigetragen, dass die Männer zu Piraten geworden seien.

Die fünf Angeklagten hatten den Vorwurf der Piraterie bestritten. Sie seien nichts weiter als einfache Fischer, deren defektes Boot in Seenot geraten sei. Hilfesuchend hätten sich die Männer an den Frachter „Samanyolu“ gewandt - und nicht in der Absicht, das Schiff zu überfallen. Einer der Angeklagten sagte allerdings, bittere Armut habe ihn „in diese Lage gebracht“. Seine Kinder würden Hunger leiden.

Sie hätten das Schiff wegen der Gegenwehr der Besatzung zwar nicht entern können, die Absicht sei aber „völlig eindeutig“ gewesen, argumentierte hingegen die Staatsanwaltschaft. Die Besatzung der „Samanyolu“ und ein dänischer Marinehubschrauber hatten das Schnellboot der Somalis in Brand geschossen und versenkt. An Bord einer dänischen Fregatte sollen die Männer dann zugegeben haben, Seeräuber zu sein.

Prozesse in Deutschland, Frankreich und Spanien

Mit dem Prozess wollten die Niederlande einen Beitrag für den internationalen Kampf gegen die Seeräuberei im Golf von Aden leisten, erklärte Justizminister Ernst Hirsch Ballin. Der Prozess wurde von der Staatsanwaltschaft in Hamburg mit Interesse verfolgt. Sie will zehn Somalis am 22. November wegen Piraterie vor Gericht bringen.

Die Männer waren Anfang April bei einer Befreiungsaktion der niederländischen Marine auf dem deutschen Containerschiff „Taipan“ überwältigt und festgenommen worden. Ihnen drohen bis zu zwölf Jahre Haft. Auch in Frankreich und Spanien warten Somalis auf Prozesse wegen Seeräuberei.

Kenia stoppt Verfahren gegen Piraten

Kenia hat unterdessen bekanntgegeben, keine Prozesse mehr gegen Piraten zu führen. Das Außenministerium des ostafrikanischen Landes veröffentlichte unlängst eine Erklärung, wonach ein entsprechendes Abkommen mit der EU, den USA, Großbritannien, Kanada, Dänemark und China per 30. September ausgesetzt sei. Das Abkommen beinhaltete, dass mutmaßliche Piraten, die von Besatzungen von Kriegsschiffen dieser Länder festgenommen worden waren, an Kenia übergeben wurden, um dort vor Gericht gestellt zu werden.

Nairobi argumentierte, dass die kenianische Justiz bereits überlastet sei und Untersuchungshäftlinge nun noch länger auf ihre Verfahren warten müssten. Zudem gefährde es die Sicherheit Kenias. Bisher wurden erst zwei von 13 laufenden Piraterieprozessen beendet. Insgesamt warten noch mehr als 100 Piraten auf ihr Urteil.

Außer Kenia haben bisher nur die Seychellen Abkommen über Verfahren gegen Piraten unterzeichnet. Im Sommer wurden dort erstmals somalische Seeräuber zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Somalia selbst hat nach fast 20-jährigem Bürgerkrieg keine Möglichkeit, den Piraten den Prozess zu machen.