Triebwerkshersteller unter Druck
Der Triebwerkshersteller Rolls-Royce kämpft offenbar mit Qualitätsproblemen. Meldungen über Probleme mit den britischen Triebwerken häuften sich zuletzt. Bei der Lufthansa hat es kürzlich zwei Zwischenfälle an Airbus-A380-Maschinen gegeben. Und erst am Donnerstag erlebte eine Quantas-Maschine einen Triebwerksausfall.
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Eine Lufthansa-Sprecherin bestätigte am Samstag einen „Spiegel“-Bericht, wonach bei einem Flug im September Ölgeruch aus einem der Triebwerke eines Airbus A380 in der Bordkabine wahrgenommen worden sei. Die Piloten hätten daraufhin nacheinander die verschiedenen Zuluftventile der Triebwerke geschlossen. „Das war technisch völlig unbedenklich“, sagte die Sprecherin. Das Triebwerk sei später ausgewechselt worden. Was den Ölgeruch verursacht habe, sei noch nicht bekannt. „Es gibt noch kein Ergebnis“, sagte sie.
Zudem bestätigte die Sprecherin einen Bericht der „Bild“-Zeitung, wonach ein Pilot im August auf einem Flug von Tokio nach Frankfurt eines von vier Triebwerken eines Airbus A380 vorsorglich abgeschaltet habe. Grund sei eine falsche Anzeige im Cockpit gewesen, sagte sie. Nach dem Aufleuchten der Warnanlage sei das Triebwerk „sicherheitshalber“ abgeschaltet worden. Die Techniker hätten bei ihrer Untersuchung nichts gefunden. „Da war gar nichts dran“, sagte die Sprecherin. So etwas sei nichts Ungewöhnliches. „Das ist Routine“, betonte sie.
Material- oder Konstruktionsfehler
Am Donnerstag erlebte dann ein Airbus A380 der australischen Fluggesellschaft Quantas mit 466 Menschen in Singapur einen Triebwerksausfall. Die Maschine ließ zunächst Kerosin ab und kehrte außerplanmäßig nach Singapur zurück. Passagiere berichteten von einem Knall, beim A380 wurde die Triebwerksverkleidung zerfetzt und die Tragfläche beschädigt.
Der Airbus A380 war Anfang Oktober von Lufthansa Technik in Frankfurt gewartet worden war. Lufthansa betonte aber, dass die Triebwerke nicht Teil des Wartungsvertrags seien. Nach Angaben von Qantas wurden sie direkt vom Triebwerkshersteller Rolls-Royce geprüft. Qantas lässt deshalb erst einmal alle Airbus-A380-Maschinen am Boden. „Wir glauben, dass es höchstwahrscheinlich ein Material- oder Konstruktionsfehler war“, sagte Qantas-Vorstandschef Alan Joyce.
Nicht die ersten Probleme
Der Name Rolls-Royce war bisher ein Synonym für Qualität. Vielen ist er nur durch die jetzt zum BMW-Konzern gehörende Autonobelmarke bekannt, die aber nichts mit dem gleichnamigen Triebwerkshersteller gemein hat. 1987 wurde der einstige Staatsbetrieb unter Premierministerin Margaret Thatcher privatisiert. Er ist einer der wenigen verbliebenen anerkannten Industriekonzerne von Weltruf in Großbritannien. Doch durch die jüngsten Rückschläge scheint das Image angekratzt.
40 Prozent aller Linienflugzeuge werden von Rolls-Royce-Motoren angetrieben. Konkurrenz machen die US-Unternehmen General Electric und Pratt&Whitney, die sich für die A380-Turbine GP 7000 zum Konsortium Engine Alliance zusammengeschlossen haben.
Mit Qualitätsproblemen kämpft Rolls-Royce offenbar schon länger. 2006 gab es wegen diverser technischer Probleme eine Produktionspause. 2008 hatten gleich zweimal die Motoren von Boeing-777-Maschinen versagt: Im Jänner krachte ein Flugzeug der British Airways in London-Heathrow auf die Landebahn, weil die Rolls-Royce-Maschinen den für eine ordentliche Landung notwendigen Schub versagten - die Treibstoffleitung war eingefroren. Im November passierte Ähnliches einer Maschine von Delta Airlines.
In diesem August erst musste eine Qantas-Maschine wegen Problemen mit Rolls-Royce-Triebwerken nach San Francisco umkehren. Auf dem Testgelände in Derby explodierte im gleichen Monat ein Triebwerk, das für den Dreamliner von Boeing geplant ist. Ebenfalls im August forderte die Europäische Luftsicherheitsbehörde EASA mit Sitz in Köln Rolls-Royce auf, die Maschinen zu überprüfen.
Wirtschaftliche Auswirkungen
Das setzt Rolls-Royce auch wirtschaftlich massiv unter Druck. Die Aktie verlor an der Londoner Börse in den ersten beiden Tagen nach Bekanntwerden des Zwischenfalls rund zehn Prozent ihres Werts. „Es wäre nicht richtig, in dieser frühen Phase schon Schlussfolgerungen zu ziehen“, beruhigte Rolls-Royce.
Mit der Luftfahrt macht Rolls-Royce fast zwei Drittel seines Geschäfts. 64 Prozent des Umsatzes von rund zehn Mrd. Pfund (2009) bzw. 11,5 Mrd. Euro erwirtschaftete der britische Konzern in diesem Sektor. Im vergangenen Jahr machte Rolls-Royce unter dem Strich einen Gewinn von 2,2 Mrd. Pfund (2,53 Mrd. Euro).
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