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Umstrittener Kauf von Staatsanleihen

Seit Wochen ist von einem drohenden Währungskrieg die Rede. Der Konflikt um billiges Geld und die Sorgen vor einem weltweiten Abwertungswettlauf und Inflation beherrschen die internationale Politik. Vier große Notenbanken, die US-amerikanische Fed, die europäische EZB, die Bank of England und die Bank of Japan, stellen in dieser Woche Weichen in der Geldpolitik.

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Jede hat ihre eigenen Probleme zu bewältigen, jede ihrer Entscheidungen wirken sich aber wiederum auf die anderen Notenbanken aus. Kern des Währungskonfliktes ist die chinesische Wechselkurspolitik, die den Yuan faktisch an den Dollar bindet. Die USA drängen die Volksrepublik seit längerem zu einer schnelleren Aufwertung des Yuan. Verschärft wird die Situation allerdings durch die lockere Geldpolitik der USA.

Wieder 600 Mrd. für US-Staatsanleihen

Schon am Mittwoch setzte die amerikanische Notenbank Fed diesen Weg fort. Sie kündigte an, bis Mitte kommenden Jahres noch einmal 600 Milliarden Dollar (428 Mrd. Euro) in die US-Wirtschaft zu pumpen und um dieses Geld weitere US-Staatsanleihen zu kaufen. Das Instrument der „quantitativen Lockerung“ (quantitative easing) wurde damit ohne eine besondere Stresssituation auf dem Finanzmarkt eingesetzt.

Die Fed hatte schon im ersten Quartal dieses Jahres um Hunderte Milliarden Dollar US-Staatsanleihen und hypothekenbesicherte Wertpapiere gekauft. Fed-Chef Ben Bernanke verteidigte diesen Schritt damit, die Wirtschaft zusätzlich zu unterstützen. Positive Reaktionen löste der Fed-Schritt auf den Aktienmärkten aus.

Heftige Kritik von allen Seiten

Allerdings gibt es auch zahlreiche kritische Stimmen. Die „Financial Times Deutschland“ etwa berichtete von Analysten des Instituts Creditsights, die betonten, dass US-Unternehmen enorme Bargeldbestände hätten und es daher nicht an Krediten mangle. Auch Sorge vor Blasenbildung etwa auf dem Rohstoffmarkt und einer übermäßigen Inflation ist groß.

Während der IWF-Chefvolkswirt Olivier Blanchard den Inflationsdruck aufgrund der lockeren Geldpolitik „nicht als das Ende der Welt“ bezeichnet, da es eher die „Gefahr einer Deflation“ gebe, sprechen deutsche Spitzenökonomen von einem „Sündenfall“.

Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) wählte im „heute journal“ noch härtere Worte. Die USA hätten bereits „unendlich viel Geld in die Wirtschaft gepumpt“, sagte Schäuble. Die Ergebnisse seien hingegen „trostlos“. So habe sich die Lage auf dem US-Arbeitsmarkt nicht verbessert, die Wirtschaftslage in den USA sei weiterhin „schlecht“. Er glaube daher nicht, dass die USA mit neuen Geldspritzen ihre Probleme lösen könnten.

Die Kritik der Schwellenländer, in die nun viel Kapital fließt, bleibt. Denn ihre Währungen werden aufgewertet, die Wettbewerbsfähigkeit ist dadurch bedroht. Verstimmt zeigte sich vor allem China: „Solange die Welt keine Zurückhaltung bei der Ausgabe von Weltwährungen wie dem Dollar übt, ist das Eintreten einer neuen Krise unvermeidlich“, schrieb der Berater der chinesischen Notenbank, Xia Bin.

Bank of England kauft - noch - nichts

Die Entscheidung der Fed wirkte sich auch auf die Beratungen der EZB und Bank of England aus. Die Bank of England verzichtete dennoch in ihrer Entscheidung vom Donnerstag vorerst auf weitere Käufe von Staatsanleihen. Analysten erwarten aber weitere Anleihekäufe insbesondere aufgrund des radikalen Sparkurses, der das Wirtschaftswachstum bremsen könnte. Das BIP hatte zuletzt unerwartet gut um 0,8 Prozent zugelegt.

Gleichzeitig liegt aber auch die Inflation mit mehr als drei Prozent über dem Ziel der Notenbank. Uneinig über den Kurs will die Bank of England daher noch den für nächste Woche angekündigten Inflationsbericht abwarten. Der niedrige Leitzins von 0,5 Prozent bleibt vorerst gleich.

EZB will lockere Geldpolitik verlassen

Im Gegensatz zu Fed und Bank of England, die beide zu einer lockeren Geldpolitik tendieren, arbeitet die EZB an einem Ausstiegsszenario aus der Politik des billigen Geldes. Noch im Frühjahr hatte die EZB umstrittene Staatsanleihenkäufe beschlossen. Nun verzichtet sie auf das erneute Anwerfen der Notenpresse. Wie erwartet bleibt nach der Entscheidung vom Donnerstag der Leitzins im Euro-Raum auf dem Rekordtief von einem Prozent. Eine Erhöhung erwarten Experten frühestens Ende 2011.

EZB-Präsident Jean-Claude Trichet versucht, sich aus dem Streit über die Folgen der US-Geldpolitik herauszuhalten: „Ich habe keine Anzeichen dafür, dass der Chef der Federal Reserve oder der Finanzminister - oder sogar der Präsident der USA - das Spiel des schwachen Dollar spielen.“

Kampf gegen hohen Yen

Am Freitag folgt die Bank of Japan mit ihrer Entscheidung - ebenso mit besonderem Blick auf die Vorgangsweise der Fed. Die Notenbank hatte die November-Sitzung vorverlegt. Dieser Schritt war auf dem Markt so verstanden worden, dass die Bank of Japan aus Angst vor einer weiteren Aufwertung des Yen zum Dollar bereit sein will, notfalls schnell auf die Beschlüsse der US-Notenbank zu reagieren. Auch die Bank of Japan wehrt sich gegen eine Aufwertung des japanischen Yen und intervenierte dafür zuletzt im September auf dem Devisenmarkt.

Notenbankchef Masaaki Shirakawa wollte auf einem von der japanischen Nachrichtenagentur Kyodo organisierten Seminar am Donnerstag zwar die Entscheidung der Fed nicht kommentieren. Er hatte aber vor kurzem gesagt, notfalls werde man noch einmal deutlich mehr Geld in die Wirtschaft pumpen.

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