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Tausende Menschen werden umgesiedelt

Nach mehrfacher Unterbrechung wegen Geldmangels und regionaler Konflikte will die tadschikische Regierung ihr bisher ehrgeizigstes Wasserkraftprojekt vorantreiben: Die 335 Meter hohe Rogun-Talsperre am Fluss Wachsch. Bis Jahresende soll bereits ein erstes Umsiedlungsprogramm starten. Tausende Menschen müssen dem gigantischen Dammprojekt weichen.

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Betroffen seien vorerst etwa 6.500 Bewohner der Region um Rogun, rund 100 Kilometer östlich der Hauptstadt Duschanbe. „Etwa 1.000 Familien werden bis zum Jahresende umziehen“, erklärte Ende Juli Arbeitsminister Machmadamin Machmadaminow. Die Familien wohnen in einem Gebiet, das nach der Fertigstellung des Damms in einem gigantischen Stausee verschwinden wird.

Allerdings: Die Finanzierung des Mammutprojekts ist noch immer nicht gesichert, und das, obwohl die Planungen noch zu Zeiten der UdSSR begonnen hatten. Die geschätzten Kosten für die Talsperre und ein Wasserkraftwerk mit einer geplanten Leistung von über 3.500 Megawatt (MW) dürften sich auf über 2,3 Mrd. Euro belaufen.

Satellitenaufnahme vom Rogun-Staudamm in Tadschikistan

Google Earth

Die Baustelle am Rogun-Staudamm aus der Luftperspektive

Investoren und Kreditgeber dringend gesucht

Die kann die Ex-Sowjetrepublik, die im Human Development Index (HDI) der UNO auf Platz 127 von 177 liegt, allein kaum sicherstellen, das Land ist das ärmste in Zentralasien. Seit Jahresbeginn können Investoren deshalb Rogun-Aktien zeichnen. Allerdings brachten die nach offiziellen Angaben aus Duschanbe bisher nur knapp 150 Mio. Euro - gerade einmal 6,5 Prozent der geschätzten Gesamtkosten.

Im Jahr 2008 hatte der Bürgermeister von Duschanbe vorgeschlagen, alle Einwohner der Stadt sollten einen Monatslohn für den Bau des Staudamms spenden.

Rusal die Zusammenarbeit aufgekündigt

Nachdem Planung und Bauarbeiten bereits zu Sowjetzeiten begonnen hatten, war anfangs Russland als Partner an dem Projekt beteiligt. Involviert war vor allem der russische Rusal-Konzern (Russkiy Aluminium), der weltweit größte Aluminiumhersteller, der das Kraftwerk fertigbauen wollte. Rusal hatte zugesagt, für günstigen Hydrostrom für die energieintensive Aluminium-Herstellung einen Großteil der Baukosten zu übernehmen.

Nach Differenzen über die genauen Pläne erklärte Staatspräsident Emomali Rachmonow 2007 allerdings, dass sein Land das Projekt allein durch Kredite finanzieren werde. Duschanbe hofft vor allem auf die Asiatische Entwicklungsbank (ADB) und die Weltbank als Kreditgeber. Die Weltbank hatte im März eine Rentabilitäts- und Umweltverträglichkeitsprüfung des Projekts angekündigt. Von deren Ausgang sind Finanzierungen abhängig.

Enormer Energieüberschuss

Bereits jetzt steht die höchste Talsperre der Welt, der 1980 fertiggestellte, 300 Meter hohe Nurek-Staudamm, in Tadschikistan. Die Talsperre rund 50 Kilometer östlich von Duschanbe staut ebenfalls den Wachsch, einen Nebenfluss des Amudarja. Am Nurek-Damm liefern neun Turbinen eine Leistung von 3.000 MW Strom - genug, um beinahe ganz Tadschikistan mit Energie zu versorgen.

Keine Exportinfrastruktur

Das Rogun-Kraftwerksprojekt soll mit 3.600 MW Leistung pro Jahr über elf Mrd. Kilowattstunden Strom liefern und, so der Plan, große Regionen Zentralasiens (etwa im benachbarten Afghanistan, Indien und Pakistan) und zwei riesige Aluminiumwerke mit Energie versorgen. Dazu fehlt bisher allerdings das Leitungsnetz, das nicht nur teuer, sondern wegen der Topografie des gebirgigen Landes auch schwer zu errichten ist.

Die Nachbarn Tadschikistans sehen das Projekt teils mehr als skeptisch. Usbekistan etwa befürchtet, dass Duschanbe mit der Stauanlage den Wasserdurchfluss willkürlich kontrollieren könnte. Ein Risiko für die lokale Bevölkerung besteht durch die Lage in einer Region mit vergleichsweise hoher Erdbebenwahrscheinlichkeit. In den Neunzigerjahren zerstörten heftige Überflutungen einen Teil des Schüttdamms aus Erdreich und Fels.

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