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Ordentliche Versorgung notwendig

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat die Überstellung schutzbedürftiger Flüchtlinge nach Griechenland zwar nicht generell untersagt, allerdings mit einer neuen Auflage verbunden. Künftig müssen die Behörden eine „fallbezogene individuelle Zusicherung“ der griechischen Kollegen einholen, dass die Asylwerber auch tatsächlich betreut werden.

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Im aktuellen Fall einer afghanischen Asylwerberin mit drei minderjährigen Kindern hatte der Asylgerichtshof diese Frage zwar selbst aufgeworfen, sich aber nicht vergewissert, dass die Familie in Griechenland ordentlich versorgt würde. Der VfGH hob den Überstellungsbescheid daher als verfassungswidrig auf.

Zwei Möglichkeiten für Behörden

Wie VfGH-Sprecher Christian Neuwirth am Mittwoch der APA sagte, haben die heimischen Asylbehörden nun zwei Möglichkeiten: Entweder sie holen eine „Versorgungszusage“ der griechischen Behörden für die Familie ein und kommen danach zum Schluss, dass die Überstellung zulässig ist.

Oder die Überstellung ist nicht zulässig, und Österreich tritt anstelle Griechenlands in das Asylverfahren ein. In jedem Fall brauche es bei besonders „vulnerablen“ Flüchtlingen künftig bereits vor der Entscheidung über die Überstellung nach Griechenland eine entsprechende Versorgungszusage - andernfalls wäre die Überstellung verfassungswidrig, so Neuwirth.

Asylantrag zurückgewisen

Im Anlassfall geht es um eine gebürtige Afghanin, die mit 15 verheiratet wurde und mit ihrem Mann in den Iran übersiedelte. Ihren Asylantrag begründete die Frau damit, dass ihr Gatte im Iran eine weitere Frau geheiratet habe, die ihr „das Leben schwer gemacht“ habe. Deshalb habe sie sich mit ihren Kindern sowie weiteren Verwandten über die Türkei und Griechenland nach Österreich abgesetzt, Letzteres mit gefälschten Dokumenten. In Österreich stellte die damals schwangere Frau im November 2009 einen Asylantrag und brachte ihr fünftes Kind zur Welt.

Das Bundesasylamt wies die Asylanträge der Familie jedoch am 19. Jänner zurück und verwies auf die Zuständigkeit Griechenlands. Auch der Asylgerichtshof kam zur Auffassung, dass eine Überstellung in das für das Asylverfahren zuständige EU-Land zulässig wäre.

„Vorläufige Unterbringung“ reicht nicht

Der VfGH erklärte die Abschiebung nun allerdings für verfassungswidrig. Grund: Der Asylgerichtshof hatte in dem Verfahren zwar selbst die Frage aufgeworfen, ob die Familie - immerhin war die Frau mit einem sechs- und einem dreijährigen Kind sowie einem Neugeborenen unterwegs - in Griechenland überhaupt versorgt würde, hatte diese Frage aber nicht verlässlich beantwortet.

Stattdessen gab sich der Asylgerichtshof mit einem allgemeinen Hinweis des Bundesasylamts zufrieden, wonach bei besonders schutzbedürftigen Flüchtlingen zumindest die vorläufige Unterbringung in Griechenland gewährleistet sei, wenn die Abschiebung rechtzeitig angekündigt wird. Aus Sicht der Verfassungsrichter wäre jedoch eine individuelle Zusicherung der Versorgung durch Griechenland nötig gewesen. Die Überstellung wurde daher mit Verweis auf das Verbot von Folter und unmenschlicher Behandlung (Artikel 3 Menschenrechtskonvention) aufgehoben.

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