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„Abertausende Angriffsberichte“

Die fast 400.000 von der Whistleblower-Website WikiLeaks im Netz veröffentlichten Akten der US-Streitkräfte im Irak zeigt laut dem deutschen Magazin „Spiegel“, das das Material vorab sichten konnte, wie der Krieg die irakische Gesellschaft brutalisiert habe.

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Entführungen, Hinrichtungen und Folter von Gefangenen seien Routine geworden. Mit „Abertausenden Bedrohungsanalysen, Angriffsberichten und Verhaftungsprotokollen“ lasse sich auch sehr genau rekonstruieren, wie sich „der islamische Bruderkampf zwischen Schiiten und Sunniten entfaltet hat“, so der „Spiegel“.

Wie der britische „Guardian“ schrieb, gibt es zudem Informationen über eine US-Helikopterbesatzung, die irakische Aufständische getötet habe, obwohl diese versucht hätten, sich zu ergeben. Laut „Guardian“ handelt es sich bei dem „Leck“ wohl um dieselbe Quelle, die bereits im Juli mehr als 90.000 geheime US-Dokumente zum Afghanistan-Krieg öffentlich gemacht habe.

Tod von 15.000 Zivilisten dokumentiert

Die geheimen Dokumente zeugten von bisher unbekannten Zwischenfällen, bei denen mehr als 15.000 Zivilisten getötet worden seien. Amerikanische und britische Regierungsstellen hätten immer bestritten, dass es offizielle Statistiken über zivile Opfer gegeben habe, schreibt die britische Zeitung. Aus den Unterlagen gehe die Zahl von 109.000 Toten hervor, von denen mehr als 66.000 getötet worden seien, ohne in Kampfhandlungen verwickelt gewesen zu sein.

AI fordert US-Untersuchung

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) forderte die USA auf, die Übergriffe in irakischen Gefängnissen zu untersuchen. Washington müsse aufklären, „was US-Verantwortliche über Folter und Misshandlung von Gefangenen in irakischen Haftanstalten wussten“, erklärte die Generalsekretärin von AI in Deutschland, Monika Lüke, in Berlin.

Ihre Organisation habe die jetzt veröffentlichten Dokumente noch nicht prüfen können, „auf den ersten Blick“ bestätigten sie aber, dass die USA bei der Übergabe Tausender Gefangener an die irakischen Behörden gegen internationales Recht verstoßen hätten. Die Dokumente lieferten „weitere Beweise dafür, dass den US-Behörden die über Jahre andauernden systematischen Menschenrechtsverletzungen“ bekannt gewesen seien.

Anwalt will Material nutzen

Der britische Menschenrechtsanwalt Phil Shiner will das Material nutzen, um rechtlich gegen die britischen Behörden vorzugehen. Er wolle eine öffentliche Untersuchung in Großbritannien erreichen. Die britische Beteiligung am Irak-Krieg ist auf der Insel ausgesprochen umstritten. Nach Angaben der britischen Menschenrechtsorganisation Iraq Body Count enthalten die WikiLeaks-Unterlagen Informationen über bisher unbekannte Todesfälle von 15.000 Zivilisten.

Der Irak-Krieg begann im März 2003 mit der Invasion der USA, Großbritanniens und verbündeter Staaten. Deutschland, Frankreich und Russland stellten sich gegen die sogenannte Koalition der Willigen. Die Invasion erfolgte ohne Legitimation durch den UN-Sicherheitsrat. US-Präsident Barack Obama erklärte den Krieg am 31. August 2010 für offiziell beendet.

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